I. Das Problem
Der PfÜB in (vermeintlich) eigenen Angelegenheiten
Eine Forderung ist auf den nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG registrierten Inkassodienstleister im Wege eines Vollstreckungsbescheides tituliert. Aufgrund dessen wird ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt, mit dem das Guthaben des Schuldners im Sinne des § 833a ZPO bei einem Kreditinstitut gepfändet werden soll. Für den Antrag wurde von dem Inkassodienstleister eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG angesetzt.
Rechtspfleger beanstandet die Vollstreckungsgebühr
Der Rechtspfleger hat den Ansatz der 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG unter Hinweis auf Entscheidungen des AG Westerstede (DGVZ 2019, 159), des AG Strausberg (AGS 2018, 582) und des LG Oldenburg (NJW-Spezial 2019, 541) beanstandet. Nach der Titulierung richte sich die Erstattungsfähigkeit von Kosten durch die Vertretung einer nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 registrierten Person nach § 788 ZPO. Das ergebe sich aus § 4 Abs. 4 RDGEG. Es fehle aber an einer Vertretung, weil die Gläubigerin in eigenem Namen tätig geworden ist und nicht als Vertreterin handele. Auch gehe es nicht um die Einziehung einer fremden Forderung, so dass gar kein Fall einer Inkassoleistung nach § 2 RDG vorliege. Es liege weder ein Fall des § 2 Abs. 1 noch des § 2 Abs. 2 RDG vor. Ob es sich um eine fiduziarische Abtretung oder einen Forderungskauf handele, sei unerheblich, aber auch nicht im Vollstreckungsverfahren zu prüfen. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, wonach ein Anwalt in eigener Sache Kostenerstattung geltend machen kann, sei hier nicht anwendbar. Die Kosten seien auch nicht notwendig. Es bestünde auch in der Zwangsvollstreckung eine Schadensminderungspflicht. Das RVG gelte auch im Zwangsvollstreckungsverfahren für Inkassodienstleister nicht.
II. Die Lösung
Man muss unterscheiden können: Berufsrecht und Kostenrecht
In der Argumentation des Rechtspflegers geht es wild her. Es wird nicht konsequent zwischen den berufsrechtlichen Regelungen einerseits und den kostenrechtlichen Regeln andererseits unterschieden. Bei den angewandten rechtlichen Bestimmungen wird der Wortlaut nur unzutreffend wiedergegeben. Die gebildeten Normketten sind widersprüchlich. Es fehlt an einer präzisen Darstellung der Voraussetzungen und der Subsumtion.
Liegt eine Inkassodienstleistung vor?
Der Rechtspfleger verneint zunächst das Vorliegen einer Inkassodienstleistung. Das ist aufgrund des ihm bekannten Sachverhaltes nicht möglich und im Übrigen unerheblich. Widerspruchsfrei würde es im Übrigen zum genau gegenteiligen Ergebnis führen.
RDG regelt Berufsrecht
Das Rechtsdienstleistungsgesetz regelt als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt, wer eine Rechtsdienstleistung erbringen darf, § 3 RDG. Die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze, insbesondere für Rechtsanwälte nach der BRAO, erlaubt wird. Das Rechtsdienstleistungsgesetz regelt also die berufsrechtliche Erlaubnis, Rechtsdienstleistungen, auch in Form von Inkassodienstleistungen, erbringen zu dürfen. Die berufsrechtliche Erlaubnis sagt aber nichts über einen Vergütungs- und/oder Erstattungsanspruch aus. Weder setzen §§ 675, 611 BGB als Vergütungsnormen noch §§ 280, 286 BGB oder auch §§ 91, 788 ZPO als Erstattungsnormen voraus, dass ein zugelassener oder registrierter Rechtsdienstleister gehandelt hat. Sie schließen einen solchen Anspruch vor allem dann nicht aus, wenn keine erlaubnispflichtige, sondern eine erlaubnisfreie Rechtsdienstleistung – ggfs. als Inkassodienstleistung – erbracht wird. Der Rechtspfleger nennt dafür auch keine Norm.
Keine ausreichenden Feststellungen, um Inkassodienstleistung zu verneinen
Eine Inkassodienstleistung liegt nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 RDG vor, wenn die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Entscheidend ist also die materielle Fremdheit und nicht die formelle Fremdheit für die Beurteilung der Frage, ob eine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung vorliegt. Insoweit kann aus der formellen Gläubigerstellung nicht auf die Unanwendbarkeit von § 2 Abs. 2 RDG geschlossen werden. Ein registrierter Inkassodienstleister kann (auch) eine fiduziarisch an ihn abgetretene Forderung auf sich titulieren lassen. Dem Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, dass ein solcher Fall nicht vorgelegen hat. Im Gegenteil verweigert der Rechtspfleger, dazu Feststellungen zu treffen.
Hinweis
Zuzustimmen ist dem Rechtspfleger nur insoweit, dass er solche Feststellungen nicht treffen muss. Allerdings hat diese Erkenntnis eine abweichende Konsequenz. Auch im Rahmen der Berücksichtigung von Kosten nach § 788 ZPO ist § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO zu beachten. Danach genügt die Glaubhaftmachung für den Ansatz einer Kostenposition. Dem ist mit der Versicherung des Rechtsdienstleisters genüge getan. Es obliegt dann dem Schuldner, hiergegen im Wege der Erinnerung vorzugeh...