Leitsatz
1. Für den Rechtsnachfolger eines Gläubigers ist bei Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nach § 727 ZPO durch den zuständigen Rechtspfleger eines Amts- oder Landgerichts im ersten Rechtszug die sofortige Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 ff. ZPO der statthafte Rechtsbehelf.
2. Nichts anderes gilt, wenn dem Antragsteller eine vollstreckbare Ausfertigung im Sinne von § 727 ZPO erteilt wird, er aber geltend macht, diese entspreche nicht dem Gesetz und beeinträchtige daher sein Recht auf fehlerfreie Erteilung einer Vollstreckungsklausel.
3. Ist dem Rechtsnachfolger eines Gläubigers eine Vollstreckungsklausel erteilt worden, wonach die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist, so ist der Rechtsnachfolger, der geltend macht, die Rechtsnachfolge sei bei dem Gericht offenkundig, beschwert.
4. Hat sich der Rechtspfleger von der Rechtsnachfolge durch anlässlich des Antrags vorgenommene Einsichtnahme in eine in der Generalakte des Amtsgerichts abgelegte, vom Antragsteller dort zuvor eingereichte notariell beglaubigte Abschrift einer Abtretungsvertragsurkunde überzeugt, war die Rechtsnachfolge nicht bei dem Gericht offenkundig.
BGH, Beschl. v. 26.8.2020 – VII ZB 39/19
1 I. Der Fall
Die Antragstellerin, die ein Inkassounternehmen betreibt, begehrt die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel zu einem Vollstreckungsbescheid, in der ihre Rechtsnachfolge in den titulierten Anspruch als offenkundig ausgewiesen ist.
Massenhafte Abtretung zur Generalakte nachgewiesen
Die Ursprungsgläubigerin erwirkte gegen den Schuldner einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid. Diese Forderung wurde zuletzt an die Antragstellerin neben einer Vielzahl weiterer titulierter Ansprüche mit notariellem Abtretungsvertrag abgetreten.
Die Antragstellerin hat bei dem Mahngericht beantragt, ihr eine vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides gegen den Schuldner zu erteilen und darin die Offenkundigkeit ihres Rechtserwerbs zu erwähnen. Eine Abschrift der umfassenden Abtretungsurkunde war bereits zuvor auf ihre Veranlassung in der Generalakte des Mahngerichtes abgelegt worden. Das Amtsgericht (Rechtspflegerin) hat der Antragstellerin eine Rechtsnachfolgeklausel aufgrund öffentlicher Urkunde erteilt.
Klausel wegen Offenkundigkeit erstrebt
Die Antragstellerin hat darauf angetragen, die "Offenkundigkeit der Rechtsnachfolgeklausel zu bescheinigen". Dieses Begehren hat das Amtsgericht (Rechtspflegerin) als Erinnerung behandelt, der es nicht abgeholfen hat. Mit Beschluss hat das Amtsgericht (Richter) die "Erinnerung der Antragstellerin" zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Anliegen weiter.
2 II. Aus den Entscheidungsgründen
BGH rügt den falschen Rechtsmittelweg
Die Rechtsbeschwerde ist unabhängig davon, dass die Verfahrensbehandlung durch das Amtsgericht fehlerhaft war, statthaft, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO. Das Amtsgericht (Richter) hat das Begehren der Antragstellerin als Erinnerung gemäß § 573 Abs. 1 ZPO behandelt und diese zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO.
Bei richtiger Sachbehandlung hätte das Amtsgericht (Rechtspfleger) nach seiner Nichtabhilfeentscheidung die Sache unmittelbar dem Beschwerdegericht vorlegen müssen. Denn als statthaftes Rechtsmittel bei inhaltlicher Beanstandung einer erteilten Rechtsnachfolgeklausel ist für den Antragsteller die sofortige Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 ff. ZPO gegeben.
Sofortige Beschwerde bei Angriff gegen die Nachweisform
Für den Rechtsnachfolger eines Gläubigers ist bei Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nach § 727 ZPO durch den zuständigen Rechtspfleger eines Amts- oder Landgerichts im ersten Rechtszug die sofortige Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 ff. ZPO der statthafte Rechtsbehelf (vgl. BGH WM 2020, 1313).
Nichts anderes gilt, wenn – wie hier – dem Antragsteller eine vollstreckbare Ausfertigung im Sinne von § 727 ZPO erteilt wird, er aber geltend macht, diese entspreche nicht dem Gesetz und beeinträchtige daher sein Recht auf fehlerfreie Erteilung einer Vollstreckungsklausel. Dieser Fall ist einer teilweisen Zurückweisung seines Gesuchs (mindestens) gleichzustellen und deshalb mit demselben Rechtsbehelf anfechtbar wie eine (vollständige) Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel.
Urkunde vs. Offenkundigkeit: Gläubiger ist beschwert
Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts – wie auch schon durch die nach ihrer Ansicht nicht im Einklang mit dem Gesetz erteilte Vollstreckungsklausel – beschwert.
Gemäß § 727 Abs. 2 ZPO muss in einer Rechtsnachfolgeklausel erwähnt werde...