Dem OLG fehlt die explizite Räumungsverpflichtung
Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Zwar liegt ein wirksamer Antrag der Gläubigerin i.S.d. § 888 Abs. 1 ZPO vor. Jedoch fehlt es an einer titulierten Räumungsverpflichtung des Schuldners.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene gerichtliche Vergleich enthält keine explizite Regelung, nach der der Schuldner bestimmte von ihm zuvor bewohnte Räumlichkeiten zu räumen und an die Gläubigerin herauszugeben hat. Eine derartige Räumungsverpflichtung lässt sich dem Vergleich auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen. Vereinbaren zwei Parteien in Bezug auf ein Grundstück im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs, dass bestimmte Räumlichkeiten zur alleinigen Nutzung der einen Partei und andere Räumlichkeiten der anderen Partei überlassen werden, so kann hieraus die Räumungsvollstreckung nicht betrieben werden, solange der Vergleich nicht auch die Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Räumlichkeiten enthält, die nach dem Vergleich der anderen Partei zugewiesen sind (in diesem Sinne für die parallele Problematik im Falle einer Einigung oder gerichtlichen Entscheidung über die Überlassung einer Ehewohnung etwa OLG Zweibrücken NJW-RR 2020, 581; Dürbeck, in: Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 1568a BGB Rn 23; Fuchs, in: Kroiß/Siede (Hrsg.), FamFG, 3. Aufl. 2023, § 203 FamFG Rn 9 und 18; Lackmann, in: Musielak/Voit (Hrsg.), ZPO, 20. Aufl. 2023, § 885 Rn 3; Lorenz, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 209 FamFG Rn 3; Neumann, in: Hau/Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 66. Edition, Stand: 1.5.2023, § 1361b BGB Rn 17; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl. 2023, § 885 Rn 3; Sieghörtner, in: Hahne/Schlögel/Schlünder (Hrsg.), BeckOK-FamFG, 46. Edition, Stand: 2.4.2023, § 86 FamFG Rn 6).
Mit anderen Worten: Die Verpflichtung des Schuldners zur Besitzaufgabe muss eindeutig zum Ausdruck kommen, das heißt, der Titel muss auf Herausgabe, Überlassung oder Räumung bestimmter Räumlichkeiten oder Grundstücke lauten (vgl. etwa LG Berlin DGVZ 1991, 92, 92 f.; Müller, in: Keller (Hrsg.), Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, 2013, Kap. 5 Rn 47; Seibel, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 885 Rn 2).
Dazu: falscher Vollstreckungsantrag
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass im Streitfall eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO selbst dann nicht in Betracht käme, wenn man den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleich – zu Unrecht – dahingehend auslegen wollte, dass bereits der bloßen Benennung der von den beiden Seiten jeweils zu bewohnenden Räumlichkeiten die Verpflichtung des Schuldners zu entnehmen sei, die außerhalb des ihm in dem Vergleich zugewiesenen Bereichs liegenden Räumlichkeiten zu räumen und an die Gläubigerin herauszugeben.
Richtig: Antrag auf Herausgabevollstreckung nach §§ 885, 886 BGB
Ist nämlich Gegenstand der Zwangsvollstreckung ausschließlich die Herausgabe und Räumung einer unbeweglichen Sache, so richtet sich die Zwangsvollstreckung nur nach den §§ 885, 886 ZPO und nicht, auch nicht ergänzend, nach § 888 ZPO (vgl. etwa BGH NJW-RR 2007, 1091).
Eine Vollstreckung nach § 888 ZPO neben der Herausgabevollstreckung nach den §§ 885, 886 ZPO käme vielmehr nur in Betracht, wenn Gegenstand der Zwangsvollstreckung aufgrund des Vollstreckungstitels neben der Herausgabeverpflichtung noch weitergehende Handlungspflichten des Schuldners wären (vgl. etwa BGH a.a.O.; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl. 2018, Rn 1062; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer (Hrsg.), Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 885 ZPO Rn 5). Dafür ist indes im Streitfall nichts ersichtlich.