Wann verjähren titulierte Zinsen?
Wann verjähren titulierte Zinsen? Der geschulte Jurist antwortet: Es kommt darauf an!
Für titulierte Forderungen ist die Verjährung in § 197 BGB geregelt. Grundsätzlich verjähren nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB rechtskräftig festgestellte Ansprüche nach 30 Jahren, sofern nichts anderes bestimmt ist. Dabei differenziert die Bestimmung nicht zwischen der Hauptforderung und den Zinsen als Nebenforderung. Allerdings bestimmt § 197 Abs. 2 BGB etwas anderes. Soweit Ansprüche nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB von drei Jahren.
Zinsen als künftig regelmäßig wiederkehrende Leistungen
Zinsen werden als regelmäßige Leistung geschuldet, solange die Hauptforderung nicht beglichen ist. Dies ergibt sich auch aus der gesetzlichen Verrechnungsreihenfolge nach §§ 366, 367 BGB, da Zinsen fortlaufend auf die Hauptforderung entstehen, aber stets vor dieser verrechnet werden, sodass erst mit dem Erlöschen der Hauptforderung keine Zinsen mehr entstehen können. Titulierte Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen verjähren nur insoweit nach §§ 195, 199, als sie nach Unanfechtbarkeit der Anspruchsfeststellung (vgl. § 201 BGB) fällig und damit rückständig werden. Nur dann sind sie als "künftige" Leistungen anzusehen (so explizit OLG Hamm NJW 2019, 3163, Rn 21; MüKo-BGB/Grothe, 9. Aufl. 2021, BGB § 197 Rn 32).
Die Regelung differenziert also:
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Zinsen bis zur Rechtskraft des Vollstreckungstitels verjähren nach 30 Jahren. |
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Zinsen nach Rechtskraft verjähren in drei Jahren, wobei § 199 BGB anwendbar ist, d.h. die kurze Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Zinsen entstanden sind. |
Zinsen sind nur teilweise verjährt
Die titulierten Zinsen bis zur Rechtskraft sind vorliegend also noch nicht verjährt, d.h. im konkreten Fall die Zinsen vom 28.5.2008 bis zum 31.8.2009. Diese Zinsen verjähren erst nach 30 Jahren, § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Für die titulierten Zinsansprüche ab dem 1.9.2009 gilt dann die kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die nach § 199 BGB jeweils mit dem Schluss des Zinsjahres begann. Nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterbricht jede Vollstreckungsmaßnahme die Verjährung und lässt sie neu beginnen. Ausgehend davon, dass bis zum Jahr 2016 regelmäßig verjährungsunterbrechende Vollstreckungen stattgefunden haben, sind die laufenden Zinsen bis dahin nicht verjährt. Mit dem Ende der Vollstreckung im Jahr 2016 begann mit dem Ablauf des 31.12.2016 dann die dreijährige Verjährung für alle Zinsansprüche vom 1.9.2009 bis zum 31.12.2016. Die Verjährung trat damit mit Ablauf des 31.12.2019 ein. Entsprechend sind die Zinsen für 2017 zum 31.12.2020 und diejenigen für 2018 zum Ablauf des 31.12.2021 verjährt.
Unterbrechung durch Anerkenntnis?
Schwieriger ist die Rechtslage dann für die ab 2019 entstandenen Zinsen zu beurteilen. Grundsätzlich verjähren die 2019 entstandenen Zinsansprüche mit Ablauf des 31.12.2022, diejenigen für 2020 mit Ablauf des 31.12.2023. Hier könnte aber – so die Leserfrage – eine Unterbrechung der Verjährung durch ein Anerkenntnis – in Form des vorgelegten Schuldenbereinigungsplans – nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorliegen.
Leistet der Schuldner zumindest eine Teilzahlung, so erkennt er damit nach wohl allgemeiner Meinung immer auch den Gesamtanspruch an, wenn er keinen anderweitigen Vorbehalt macht (MüKo-BGB, 9. Aufl. 2021, § 212 BGB Rn 8). Hier liegt allerdings keine Zahlung vor, sondern nur die Aufnahme der titulierten Forderung in die Forderungsliste zum Schuldenbereinigungsplan. Dabei ist vorliegend noch die Besonderheit zu beachten, dass nur die Hauptforderung, nicht aber auch die Zinsen in die Forderungsaufstellung zum Schuldenbereinigungsplan aufgenommen wurden.
Es ist sicher vertretbar, anzunehmen, dass jedenfalls die Hauptforderung auf diese Weise anerkannt wurde. Für die Zinsen kann einerseits vertreten werden, dass diese aufgrund der Titulierung in untrennbarem Zusammenhang mit der Hauptforderung stehen und deshalb ebenfalls anerkannt wurden. Andererseits gilt bei teilbaren Leistungen, dass das Anerkenntnis auch nur für den anerkannten Teil gilt (MüKo-BGB, 9. Aufl. 2021, § 212 BGB Rn 8). Dann wäre nur die Hauptforderung ausdrücklich anerkannt.
Soweit zu ersehen, ist die aufgeworfene Frage, ob das Anerkenntnis der Hauptforderung auch ohne ausdrückliche Erwähnung der Zinsen auch diese umfasst, nicht abschließend entschieden. Es könnte jedenfalls dem Insolvenzverwalter gegenüber vertreten werden, dass die Zinsen bis zum 31.8.2009 und die Zinsen ab dem Jahr 2019 noch nicht verjährt sind.
Hinweis
Aber Achtung! Die Verjährung nach § 212 Abs. 1 BGB beginnt taggenau neu. Die Unterbrechung der Verjährung der Zinsen durch den Schuldenbereinigungsplan vom 22.1.2022 wirkt also nur bis zum 22.1.2025, wenn nicht noch eine Hemmung durch Verhandlungen über den Plan nach § 203 BGB eingetreten ist.
Vert...