Der BGH sagt dazu: ja!
Der Antrag auf Zwangsmittelfestsetzung ist nur bei bestehendem Rechtsschutzbedürfnis zulässig (Gruber, in: MüKo.ZPO, 4. Aufl., § 888 Rn 19). Nach allgemeinen Grundsätzen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (BGH NJW 1996, 2035; Becker-Eberhard, in: MüKo.ZPO a.a.O. Vor §§ 253 ff. Rn 11, jeweils m.w.N.).
Den richtigen Zeitraum in den Blick nehmen: 30 Jahre!
Für die Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der gerichtlichen Entscheidung greifbare Möglichkeiten zur Vollstreckung eines Titels erkennbar sind. So trägt im Erkenntnisverfahren regelmäßig bereits die Aussicht, dass der obsiegende Kläger einen Titel erhält, der seine etwaigen Ansprüche für die nächsten 30 Jahre vor der Verjährung bewahrt (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB), die Annahme des Rechtsschutzinteresses. Denn es lässt sich nicht durchweg ausschließen, dass der Kläger in dieser Zeit Gelegenheit findet, den Titel gegen den Beklagten zu vollstrecken (BGH NJW 1996, 2035 m.w.N.).
Zwangsgeldbeschluss ist Vollstreckungstitel
Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Anordnung von Zwangsmitteln nach § 888 Abs. 1 ZPO. Eine Zwangsmittelanordnung nach § 888 ZPO ist ein eigener Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, aus dem die Beitreibung des Zwangsgeldes und die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft betrieben werden kann. Die Anordnung von Zwangsmitteln gemäß § 888 Abs. 1 ZPO ist auch dann nicht objektiv sinnlos, wenn der Schuldner – wie im Streitfall – unbekannten Aufenthalts ist und ihm im Erkenntnisverfahren die zuzustellenden Schriftsätze, die vollstreckbare gerichtliche Entscheidung sowie die Schriftsätze und Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren durch öffentliche Bekanntmachung im Sinne von § 185 Abs. 1 ZPO zugestellt wurden. Zwar hat das Zwangsgeld den Zweck, den auf die Nichterfüllung gerichteten Willen des Schuldners zu beugen. Eine Einflussnahme auf die Willensbildung durch die Anordnung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO ist aber auch im Hinblick auf einen Schuldner nicht auszuschließen, der während des Erkenntnisverfahrens und des Verfahrens auf Festsetzung von Zwangsmitteln unbekannten Aufenthalts war. Es ist nicht unmöglich, dass der Schuldner durch die Benachrichtigung gemäß § 186 Abs. 1 ZPO oder anderweitig tatsächlich Kenntnis von der titulierten Verpflichtung erhalten hat oder erhalten wird.
Vorrang des Justizgewährungsanspruchs beachten
Ferner spricht für die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses auch der Normzweck des Instituts der öffentlichen Zustellung. Damit hat der Gesetzgeber im Spannungsfeld zwischen dem Justizgewährungsanspruch desjenigen, in dessen Interesse zugestellt wird, und dem Anspruch des Zustellungsadressaten auf Gewährung rechtlichen Gehörs dem Gedanken des effizienten Rechtsschutzes den Vorrang eingeräumt. Die durch die Benachrichtigung gemäß § 186 Abs. 1 ZPO eröffnete Möglichkeit der Kenntnisnahme ist der tatsächlichen Kenntnisnahme im rechtlichen Ergebnis gleichgestellt. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch bei der Anwendung des § 888 Abs. 1 ZPO zu beachten.