I. Das Problem
Forderungskauf und Rechtsnachfolgeklausel
Unser Unternehmen (U) kauft regelmäßig eine Vielzahl titulierter Forderungen von unterschiedlichen Gläubigern. Dabei werden meist notarielle Kaufverträge abgeschlossen. Die notarielle Globalzession wird dann bei den Gerichten, die die Vollstreckungstitel geschaffen haben, zur Generalakte hinterlegt.
Die Rechtsnachfolgeklauseln werden bisher aufgrund der hinterlegten beglaubigten Urkunden erteilt. In den Klauseln sind die Urkunden sodann namentlich erwähnt und aufgelistet. Die umgeschriebenen Vollstreckungstitel mit der Rechtsnachfolgeklausel werden dann uns als neuem Gläubiger übersandt. Wir übersenden dem Gerichtsvollzieher den umgeschriebenen Vollstreckungstitel dann zur Zustellung mit einfachen Kopien eines Auszuges der Globalzession.
Problem: Zustellung der Urkunden
Sehr viele Gerichtsvollzieher (GV) sind nunmehr aber der Auffassung, dass einfache Kopien für die Zustellung nicht ausreichend sind und keine Voraussetzung für die anschließende Zwangsvollstreckung schaffen. Sie verlangen insoweit die Urkunde für die Zustellung, die der Klauselerteilung zugrunde lag, also die Urkunde, die bei Gericht hinterlegt ist. Andere GV lassen sich darauf ein, dass Kopien entsprechend auszugsweise mit geschwärzter Anlage beglaubigt werden, was allerdings mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist. Grundlage dieser Sichtweise ist der Verweis auf Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 750 ZPO Rn 20.
Scheitert auf diese Weise die Zustellung, so fehlt es schon an der Grundvoraussetzung für die Zwangsvollstreckung nach § 750 ZPO.
Verbindung der Urkunden ist schwierig
Als weiteres Problem zeigt sich, dass bei der Zustellung beantragt wird, dass der GV die zugestellten Urkunden mit dem Titel und der Rechtsnachfolgeklausel verbindet, da die fehlende Verbindung sonst vom Rechtspfleger bei Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses moniert wird. Hier gibt es nun einige GV, die der Ansicht sind, dass sie den Titel nicht mit anderen Schriftstücken verbinden dürfen. Welche Optionen haben wir, den Prozess einfacher zu gestalten?
II. Die Lösung
Die Allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen beachten
Die Zwangsvollstreckung darf nach § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO nur beginnen und fortgesetzt werden, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Insoweit bedarf es nach dem Kauf von auf den Forderungsverkäufer oder einen sonstigen Dritten titulierter Forderungen der Umschreibung auf den Neugläubiger, d.h. den Käufer.
§ 727 ZPO gibt die Möglichkeit, den Titel auf einen Rechtsnachfolger umzuschreiben. Die Rechtsnachfolge kann dabei grundsätzlich auf vier verschiedenen Wegen nachgewiesen werden:
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durch öffentliche Urkunde; |
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durch öffentlich beglaubigte Urkunde; |
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durch die Feststellung der Offenkundigkeit; |
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durch ein nach § 730 ZPO hinzutretendes ausdrückliches Geständnis des Schuldners. |
In den ersten beiden Fällen liegt das Problem der Praxis dann darin, dass die Urkunde, soweit sie in Bezug genommen wurde, nach § 750 Abs. 2 ZPO dem Schuldner erneut zugestellt werden muss. Dies ist die geschilderte Ausgangslage, die auf den Fall der einzelnen Abtretung eines titulierten Anspruchs ausgerichtet ist, nicht aber auf den Verkehr mit einer Vielzahl von Forderungen. Sie findet ihren Ursprung darin, dass die Beantragung der Rechtsnachfolgeklausel ausdrücklich auf die Urkunden Bezug nimmt.
1. Klauselerteilung aufgrund offenkundiger Tatsachen
Der Gläubiger wird in der Praxis prüfen müssen, ob die Rechtsnachfolge nicht auf Offenkundigkeit in Form der gerichtsbekannten Generalakte gestützt werden kann. Es entfällt dann nach dem eindeutigen Wortlaut von § 750 Abs. 2 ZPO das Erfordernis der Zustellung von Urkunden.
Generalakte begründet Offenkundigkeit
Die gerichtliche Kenntnis der Urkunde durch die Anlage einer Generalakte stellt die Offenkundigkeit nach § 291 ZPO her (vgl. dazu Thomas/Putzo, ZPO, § 291 Rn 2; Prütting, in: Münchner Kommentar zu ZPO, § 291 Rn 9; Stackmann, NJW 2010, 1409, 1410; a.A. aber Musielak, ZPO, § 291 Rn 2). Dass die Generalakte zur Offenkundigkeit führt, ist zumindest im Verwaltungsprozess auch bereits entschieden (VG München v. 10.4.1997 – M 9 K 95.53107; OVG Rheinland-Pfalz NVwZ-RR 1991, 221). Es ist gerade Zweck der Generalakte – wie sich schon aus dem Begriff ergibt –, die generelle Gerichtskenntnis herzustellen.
Hinweis
Offenkundigkeit liegt also nicht erst dann vor, wenn der Schuldner die "offenkundige Tatsache" in einem öffentlichen Register nachvollziehen könnte. Einer solchen Sichtweise stünde der eindeutige Wortlaut von § 291 ZPO entgegen. Danach ist nur erforderlich, dass die Tatsachen beim Gericht offenkundig sind. Es bedarf also keiner Offenkundigkeit für den Schuldner oder gar die Allgemeinheit.
Dem Transparenzgedanken ist genügt
§ 750 Abs. 2 ZPO dient vielmehr dem Ziel, dem Schuldner die Rechtsnachfolge transparent zu machen und ihm einen erlei...