Zwei Fragen, die zu trennen sind
Das LG hat zwei verschiedene Fragen aufgeworfen und durch das AG nicht beantwortet gesehen.
Zum einen die Frage, ob überhaupt hinreichende Bemühungen unternommen wurden.
Die Anstrengungen
In diesem Kontext war zutreffend die Frage zu stellen, zu welchen Bemühungen die zur Räumung verpflichtete Person überhaupt in der Lage war. Vorgebracht werden dazu eigene gesundheitliche Beschwerden, die regelmäßig aber nicht hindern dürften, Vermieter oder Makler anzurufen und sich Bilder oder Exposés senden zu lassen. Auch soweit pandemiebedingt Besichtigungen eingeschränkt möglich waren und sind, sind diese doch nicht unmöglich. Masken können getragen und Abstand kann gehalten werden. Durch konkrete Terminvereinbarungen können Begegnungen von vielen Personen vermieden werden. Vermieter und Makler haben gleichsam ein Interesse an einer schnellen Vermietung. Die Pandemie darf nicht als pauschale Begründung für die Gewährung einer Räumungsfrist herhalten.
Zum anderen hat das Landgericht auf die Kausalität abgestellt, d.h. auf die Frage, ob hinreichende Bemühungen überhaupt zur Erlangung einer Wohnung hätten führen können.
Die Kausalität
Auch hier darf der pauschale Verweis auf die Mietgrenzenverordnung und die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt nicht zu einer einfachen Verlängerung der Räumungsfrist führen. Der BGH formuliert dazu (NJW 2019, 2765, Rn 52, juris): "Denn daraus ergibt sich zwar, dass Mietinteressenten generell (deutlich) höhere Anstrengungen unternehmen müssen, um einen für sie geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Damit steht aber noch nicht fest, dass solcher Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen für den konkret betroffenen Mieter nicht anzumieten ist, zumal von ihm grundsätzlich zu verlangen ist, dass er sich auch um Ersatzwohnraum in einem anderen Gebiet der Gemeinde bemüht (vgl. LG Hamburg ZMR 2003, 265, 266; LG Dessau-Roßlau NJW-RR 2017, 585, 586; Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl., § 574 Rn 9)." Es gibt also keinen Automatismus zur Verlängerung der Räumungsfrist mit dem Hinweis, man hätte ohnehin keinen Wohnraum gefunden.
Darlegungs- und Beweislast beachten
Für beide Fragen trägt der zur Räumung verpflichtete Mieter die Darlegungs- und Beweislast. Es handelt sich um für ihn günstige Tatsachen. Die vom LG angedeuteten Beweiserleichterungen sind in Zweifel zu ziehen. Der BGH macht deutlich, dass schwierigere Bedingungen auf dem Mietmarkt höhere Anstrengungen begründen und auch ein örtliches Ausweichen erzwingen. Auch dazu muss erst einmal der Mieter ausführlich vortragen.
Tipp
Dem Gläubiger des Räumungsanspruchs kann es dienen, schon präventiv Mietangebote zu sichten und an den Mieter weiterzuleiten oder diese jedenfalls zu archivieren, um zu sehen, ob und in welcher Weise der Mieter sich hierum bemüht hat.
FoVo 11/2020, S. 213 - 215