Das LG hat den Antrag der Schuldnerin auf Aufhebung des PfÜB bezüglich des Guthabens auf ihrem bei der Drittschuldnerin geführten Girokonto zutreffend als Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO ausgelegt.
Voraussetzung ist zunächst, dass kein spezieller Pfändungsschutz existiert.
§ 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399 1. Fall BGB steht der Pfändung des Auszahlungsanspruchs der Schuldnerin bezüglich ihres Kontoguthabens gegen die Drittschuldnerin nicht entgegen. Allerdings handelt es sich bei der Corona-Überbrückungshilfe III um eine danach nicht pfändbare Forderung.
Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Damit verweist § 851 Abs. 1 ZPO u.a. auf die Regelung des § 399 1. Fall BGB. Danach kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. § 399 1. Fall BGB erfasst Forderungen, die aufgrund ihres Leistungsinhalts eine so enge Verknüpfung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses herbeiführen, dass ein Wechsel in der Gläubigerperson als unzumutbar anzusehen ist beziehungsweise die Identität der Forderung nicht gewahrt bleibt. Hierzu gehören zweckgebundene Forderungen, soweit der Zweckbindung ein schutzwürdiges Interesse zugrunde liegt.
Corona-Überbrückungsbeihilfe III ist an der Quelle unpfändbar
Nach diesen Grundsätzen ist die Corona-Überbrückungshilfe III ausweislich der ihr zugrunde liegenden Bestimmungen als zweckgebunden einzustufen (ebenso schon für die Corona-Soforthilfe BGH WM 2021, 742). Zur Beurteilung der Zweckbindung sind der Bewilligungsbescheid und die maßgeblichen Bestimmungen der Förderprogramme von Bund und Ländern heranzuziehen. Nach dem Bewilligungsbescheid handelt es sich bei der Corona-Überbrückungshilfe III um eine zweckgebundene Billigkeitsleistung. Sie dient ausschließlich dazu, Unternehmen, Soloselbstständigen und selbstständigen Angehörigen der freien Berufe eine Liquiditätshilfe in Form einer anteiligen Erstattung von betrieblichen Fixkosten zu gewähren und so zu ihrer Existenzsicherung beizutragen; entsprechend darf der Leistungsempfänger die gewährte Hilfe nur zur Deckung der förderungsfähigen Fixkosten verwenden. Zur Sicherstellung der zweckentsprechenden Verwendung der Corona-Überbrückungshilfe III ist die Unzulässigkeit einer Abtretung oder Verpfändung der Billigkeitsleistung im Bewilligungsbescheid festgelegt worden.
Unpfändbarkeit überträgt sich aber nicht auf das Konto
Der Forderungspfändungsschutz gemäß § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399 1. Fall BGB bezüglich der Corona-Überbrückungshilfe III erstreckt sich jedoch nicht auf den bereits überwiesenen und dem Girokonto der Schuldnerin gutgeschriebenen Geldbetrag.
Mit der Gutschrift der Corona-Überbrückungshilfe III auf dem Girokonto ist ein etwaiger Anspruch der Schuldnerin auf die Hilfeleistung gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen und damit auch der bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Forderungspfändungsschutz. Gegen die Drittschuldnerin ist mit der Gutschrift ein neuer, auf einem selbstständigen Rechtsgrund beruhender Anspruch der Schuldnerin entstanden, der grundsätzlich gepfändet werden kann und insoweit eigenständigen Pfändungsschutzregeln unterworfen ist. Die Unpfändbarkeit der Corona-Überbrückungshilfe III setzt sich mithin nach deren Überweisung nicht an der Gutschrift auf dem Girokonto fort.
Kein P-Konto für Unternehmen
Die Schuldnerin kann sich als juristische Person nicht auf eine entsprechende Anwendung der für ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gemäß § 850k ZPO geltenden Schutzvorschriften berufen. Dies ist letztlich Folge einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung.
Nach der bis zum 30.11.2021 geltenden Rechtslage bestand für einen Schuldner, der über ein P-Konto verfügte, in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO a.F. die Möglichkeit, den Pfändungsfreibetrag auf diesem Konto entsprechend zu erhöhen, um die Zweckbindung einer staatlichen Hilfeleistung effektiv zum Tragen zu bringen. Inzwischen hat der Gesetzgeber im Rahmen des Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetzes, das mit Wirkung zum 1.12.2021 in Kraft getreten ist, mit § 902 S. 1 Nr. 6 ZPO und § 906 Abs. 2 ZPO zur Verwirklichung der Zweckbindung staatlicher Hilfeleistungen konkrete Schutzregelungen für Schuldner, die über ein P-Konto verfügen, geschaffen.
P-Konto nur für natürliche Personen
Das P-Konto steht indes nur natürlichen Personen offen (vgl. § 850k Abs. 1 S. 1 ZPO). Vergleichbare Schutzregelungen für Schuldner, die als juristische Personen nur über ein reguläres Girokonto verfügen können, sind im Gesetz dagegen nicht vorgesehen.
Da es sich bei dem bei der Drittschuldnerin geführten Konto der Schuldnerin nicht um ein P-Konto gemäß § 850k ZPO, sondern um ein reguläres Girokonto handelt, kommt eine Anwendung der für das P-Konto geltenden Schutzvorschriften nicht in Betracht.
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