Leseranfragen zeigen Praxisproblem
Verschiedene Leseranfragen zeigen uns, dass immer wieder auch freie Handelsvertreter im Sinne des § 84 HGB als Schuldner anzutreffen sind. Der Schuldner erzielt hier seine Einkünfte gewerbsmäßig, indem er für einen anderen Unternehmer Geschäfte vermittelt oder abschließt. Besondere Regelungen können für die Versicherungs- und Bausparkassenvertreter nach § 92 HGB gelten. Es stellt sich für den Gläubiger die Frage, wie er auf die Einkünfte des Handelsvertreters zugreifen kann.
Hinweis
Grundsätzlich wird der Handelsvertreter selbstständig tätig. Die Selbstständigkeit findet nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ihren Ausdruck darin, dass er seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit im Wesentlichen frei gestalten kann. Anderenfalls wird er als Angestellter tätig. Die Schwelle zum Scheinselbständigen ist also schmal, wenn der Handelsvertreter nur für einen Unternehmer tätig wird. In diesen Fällen muss erwogen werden, rein vorsorglich auch das Einkommen des Handelsvertreters aus abhängiger Beschäftigung, d.h. sein Arbeitseinkommen, nach § 850 ZPO zu pfänden.
Mehrere Unternehmen – mehrere Drittschuldner
Für die Praxis muss beachtet werden, dass Handelsvertreter vielfach, aber durchaus nicht ausschließlich nur für ein Unternehmen arbeiten. Wird er für mehrere Unternehmen tätig, sind seine Ansprüche jeweils gesondert bei jedem Unternehmen zu pfänden. Dies kann allerdings innerhalb eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses geschehen, was Gerichtsgebühren und Zustellkosten spart.
Vergütungsanspruch = Provisionsanspruch
Die Vergütung des Handelsvertreters bestimmen die §§ 87 ff. HGB. Der Handelsvertreter hat danach grundsätzlich einen Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Das Gesetz regelt dann weitere Einzelfälle, die ebenso zu beachten sind wie mögliche vertragliche Sonderbestimmungen.
Hinweis
Das macht es erforderlich, dass der Gläubiger unmittelbar nach der Pfändung der Ansprüche des Handelsvertreters aufgrund der mitgepfändeten Nebenrechte vom Drittschuldner, jedenfalls nach § 836 Abs. 2 ZPO aber vom Schuldner den Handelsvertretervertrag herausverlangt und diesen auf geldwerte Ansprüche prüft.
Fälligkeit des Anspruchs
Nach § 87a Abs. 1 ZPO wird der Anspruch auf Provision fällig, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Dem kann der Unternehmer auch nicht durch eine vertragliche Vereinbarung entgehen, da auch für einen solchen Fall der Handelsvertreter zumindest einen Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss hat. Der Vorschussanspruch ist spätestens am letzten Tag des auf die Geschäftsausführung folgenden Monats fällig. Über die Provisionsansprüche ist dem Handelsvertreter vom Unternehmer Abrechnung zu erteilen, § 87c HGB. Grundsätzlich ist monatlich abzurechnen, jedoch kann vertraglich der Abrechnungszeitraum auf bis zu drei Monate verlängert werden. Die Abrechnung ist dann unverzüglich, spätestens zum Ende des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats zu erteilen.
Hinweis
Die jeweiligen Abrechnungen kann der Gläubiger herausverlangen – wie beim abhängig beschäftigten Schuldner die Lohnabrechnung. Auch hier wird davon auszugehen sein, dass die Herausgabepflicht grundsätzlich sowohl den Unternehmer als auch den Schuldner trifft.
Muster: Pfändungs- und Überweisungsbeschluss/Handelsvertreter
An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – in …
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
Hierdurch zeige ich an, dass ich den Gläubiger … vertrete.
Im Namen und in Vollmacht des Gläubigers beantrage ich unter Bezugnahme auf die in der Anlage beigefügten Vollstreckungstitel sowie weiteren Unterlagen, den anliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu erlassen und
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seine Zustellung – an die/den Drittschuldner mit der Aufforderung nach § 840 ZPO – zu vermitteln.
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Bei der Zustellung sind die §§ 173, 22 GVGA zu beachten, insbesondere ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zunächst dem Drittschuldner und erst nachfolgend dem Schuldner zuzustellen (§ 173 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 10, Nr. 3 GVGA). |
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ihn zu übersenden. Die Zustellung wird von hier aus im Wege der Parteizustellung veranlasst. |
Für den Gläubiger wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen und die Beiordnung des Unterzeichners als Bevollmächtigter beantragt. Für die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird auf die in der Anlage beigefügte Erklärung verwiesen.
Soweit das Gericht seine Zuständigkeit zum Erlass des Beschlusses nicht für gegeben erachtet, wird gemäß § 828 Abs. 3 ZPO bereits jetzt die unmittelbare Abgabe des Antrages an das örtliche zuständige Vollstreckungsgericht beantragt.
Zahlungen erbitte ich ausschließlich unter Angabe des Aktenzeichens an … , Bankverbindung: …
Der Gläubiger ist – nicht – zum Abzug der Vorsteuer berechtigt.
Soweit da...