Der BGH stellt fest, dass das OLG drei richtige Grundannahmen getroffen hat:
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Das OLG ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass keine Verjährung eingetreten und der vom Gläubiger gestellte Vollstreckungsantrag daher nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig ist. Auf die Ordnungsmittel des § 890 ZPO ist die Regelung des Art. 9 EGStGB anzuwenden (vgl. BGH NJW 2005, 509). |
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Richtig ist auch die Annahme, dass in Fällen, in denen das Prozessgericht als Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers ein Ordnungsmittel bereits festgesetzt hat, keine Verfolgungsverjährung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 EGStGB mehr eintreten könne (BGH NJW 2005, 509). |
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Das OLG hat des Weiteren mit Recht angenommen, dass der danach allein in Betracht kommenden Vollstreckungsverjährung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 EGStGB entgegenstand, dass diese Verjährung zwar mit der Vollstreckbarkeit begonnen (Art. 9 Abs. 2 Satz 3 EGStGB; BGH NJW 2005, 509), aber seit der Einlegung der sofortigen Beschwerde durch den Beklagten gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB geruht hat. Die aufschiebende Wirkung, die eine Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels gem. § 570 Abs. 1 ZPO hat, tritt auch bei Zwangs- und Ordnungsmittelbeschlüssen gem. §§ 888, 890 ZPO ein. |
Streitfrage: Hat der Gesetzgeber einen Fehler gemacht …
Die letztgenannte, in der Rechtsprechung wie auch im Schrifttum umstrittene und vom BGH bislang noch nicht entschiedene Frage wird teilweise mit der Begründung verneint, die weite Fassung des § 570 Abs. 1 ZPO beruhe auf einem Redaktionsversehen, das dem Gesetzgeber bei der Neufassung der Vorschriften über die Beschwerde im Zuge der ZPO-Reform 2002 unterlaufen und durch eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift zu korrigieren sei (vgl. OLG Köln NJW-RR 2003, 716 f.; MüKo.ZPO/Lipp, 3. Aufl., § 570 Rn 2; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 888 Rn 48 und § 890 Rn 70; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 570 Rn 2; Zöller/Stöber a.a.O. § 888 Rn 15 und § 890 Rn 20; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 888 Rn 33 und § 890 Rn 29; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 570 Rn 1; Seiler, in: Thomas/Putzo a.a.O. § 888 Rn 18 und § 890 Rn 40; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 888 Rn 51; Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 38 Rn 21). Diese Ansicht wird außer mit der vollstreckungsrechtlichen Funktion der §§ 888, 890 ZPO und dem Umstand, dass in diesen Bestimmungen das Wort "Festsetzung" nicht verwendet wird, vor allem damit begründet, dass der Gesetzgeber nach der Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses nichts an der bisher bestehenden Rechtslage habe ändern wollen, nach der Beschwerden gegen Beschlüsse gem. §§ 888, 890 ZPO keine aufschiebende Wirkung gehabt hätten.
… oder eine bewusste Neuregelung getroffen?
b) Das Beschwerdegericht weist demgegenüber zur Begründung seiner gegenteiligen, in der Rechtsprechung und im Schrifttum ebenfalls verbreiteten Ansicht (vgl. OLG Frankfurt a.M., InstGE 9, 301, 302; Beschl. v. 12.6.2009 – 6 W 81/09, juris Rn 3; Wieczorek/Schütze/Jänich, ZPO, 3. Aufl., § 570 Rn 3; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 570 Rn 4 und § 890 Rn 40; Sturhahn, in: Schuschke/Walker a.a.O. § 890 Rn 56; Lohmann, in: Prütting/Gehrlein a.a.O. § 570 Rn 2; Kayser, in: HkZPO, 4. Aufl., § 570 Rn 3; Musielak/Lackmann, ZPO, 8. Aufl., § 890 Rn 20) mit Recht darauf hin, dass die Äußerung des Reformgesetzgebers an der bewussten Stelle keineswegs eindeutig, sondern im Gegenteil in sich widersprüchlich ist. So findet sich dort zwischen den Passagen, auf die sich die von der Rechtsbeschwerde befürwortete Ansicht stützt, die Wendung eingestreut, die Beschwerde habe "nunmehr immer dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand" habe. Bei dieser Sachlage erscheint es allenfalls möglich, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung lediglich die zu § 572 ZPO a.F. überwiegend vertretene Ansicht bestätigen wollte, dass die dort enthaltene Aufzählung einzelner Bestimmungen unvollständig und die Regelung daher auf entsprechend gelagerte andere Fälle zu erstrecken sei. Wohl näher, zumindest aber ebenso nahe liegt die Annahme, dass der Gesetzgeber mit einer generellen Regelung im reformierten Gesetz sonst absehbar erneut drohenden Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Behandlung der einzelnen Fälle entgegenwirken wollte.
BGH: Wortlaut des § 570 ZPO ist eindeutig
Bei diesen Gegebenheiten verbietet sich eine Normauslegung, die den für sich gesehen durchaus klaren Wortlaut des § 570 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf einen möglicherweise gegenteiligen Willen des Gesetzgebers korrigiert. Dies gilt umso mehr deshalb, weil, wie das Beschwerdegericht ebenfalls zutreffend berücksichtigt hat, nach den in § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 201 SGG enthaltenen Generalklauseln, auf die sich der Reformgesetzgeber zur ...