Leitsatz
Hat der Schuldner eine Auskunft in bestimmter Frist zu erteilen und nach Fristablauf eine bestimmte Geldsumme zu leisten, bedarf der Vollstreckungstitel lediglich einer einfachen Klausel des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
AG Weißenfels, 6.7.2011 – 4 M 511/11
1 I. Der Fall
GV beanstandet einfache Klausel
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, mit dem der Schuldner zur Auskunftserteilung in bestimmter Frist und für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht binnen sechs Wochen ab Urteilszustellung nachkommt, zur Zahlung von 55.700,– EUR verpflichtet wurde. Die Vollstreckungsklausel hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erteilt. Der zuständige Gerichtsvollzieher (GV) hat die Ausführung des Vollstreckungsauftrags abgelehnt. Er vertritt die Ansicht, der Zahlungsanspruch stehe unter einer Bedingung, so dass es einer vom Rechtspfleger erteilten Klausel bedürfe.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin, die geltend macht, das Urteil sei sofort vollstreckbar, da sich die Frist zur Erteilung der Auskunft nach dem Kalender berechne und kein bedingtes Urteil vorliege. Der GV hat der Erinnerung der Gläubigerin nicht abgeholfen und die Sache dem AG zur Entscheidung vorgelegt.
2 II. Die Entscheidung
AG folgt dem Gläubiger
Die Erinnerung der Gläubigerin ist als Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO zulässig, insbesondere statthaft. In der Sache ist sie begründet. Entgegen der Ansicht des GV reicht die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erteilte Klausel vorliegend aus.
GV hat die Rechtssystematik verkannt
Im Falle einer Verurteilung zur Auskunftserteilung und Entschädigungszahlung bei nicht fristgemäßer Leistung gem. § 61 Abs. 2 S. 1 ArbGG kann die Vollstreckungsklausel bereits vor Fristablauf und ohne Nachweis der Nichterfüllung gem. § 724 Abs. 2 ZPO, § 62 Abs. 2 S. 1 ArbGG vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilt werden. Dies ist nicht gem. § 726 Abs. 1 ZPO, § 20 Nr. 12 RPflG dem Rechtspfleger vorbehalten (Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 61 Rn 16), wie auch für die vergleichbaren Fälle des § 510b ZPO (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 726 Rn 9 und 12) anerkannt wird. Es ist hier Sache des Schuldners, Erfüllung nach § 775 Nr. 4 und 5 ZPO geltend zu machen und – falls ihm die dafür erforderlichen Beweismittel fehlen – Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 Abs. 1 ZPO zu erheben und eine einstweilige Anordnung nach § 769 ZPO zu erwirken (Münzberg, in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 726 Rn 8).
3 III. Der Praxistipp
Die drei Klauselerteilungsorgane
Wird eine einfache Vollstreckungsklausel nach § 724 ZPO begehrt, so ist diese nach § 724 Abs. 2 ZPO vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erteilen. Ist die Vollstreckung dagegen nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer Bedingung abhängig, so ist einerseits der Bedingungseintritt durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen, wenn er nicht offenkundig oder von dem Schuldner nach § 730 ZPO ausdrücklich zugestanden ist, andererseits der Rechtspfleger nach § 20 Nr. 12 RPflG für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständig. Dies gilt in gleicher Weise, wenn die Vollstreckung für oder gegen einen Rechtsnachfolger des Schuldners oder des Gläubigers stattfinden soll, § 727 ZPO. Handelt es sich bei dem Vollstreckungstitel um eine notarielle Urkunde, in der sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterworfen hat, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, so ist die vollstreckbare Ausfertigung nach § 797 Abs. 2 ZPO von dem Notar zu erteilen, der die Urkunde verwahrt.
Gläubiger und Vollstreckungsorgan müssen Ausnahmen kennen
In den Fällen der §§ 726, 727 ZPO wird von der Notwendigkeit einer so genannten qualifizierten Vollstreckungsklausel gesprochen. § 726 ZPO kennt dabei Fälle, in denen zwar ein vom Gläubiger zu beweisender Bedingungseintritt Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist, die Prüfung jedoch nicht im Klauselverfahren stattfindet, sondern dem Organ überlassen wird. Dabei sind drei Fälle beachtlich:
Checkliste: Bedingungen
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Die Bedingung besteht darin, dass der Gläubiger eine ihm obliegende Sicherheitsleistung erbringt, §§ 726 Abs. 1, 751 Abs. 2 ZPO. Die Sicherheitsleistung muss erst zu Beginn der Zwangsvollstreckung vorliegen. Die Zwangsvollstreckung beginnt aber nicht mit der Klauselerteilung, sondern mit der ersten Handlung des Vollstreckungsorgans. |
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Die Zwangsvollstreckung hängt von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, § 726 Abs. 2 ZPO. Anderenfalls müsste der Gläubiger bereits vor Klauselerteilung seine Leistung erbringen, so dass die materiell-rechtliche Zug-um-Zug-Verpflichtung vollstreckungsrechtlich zu einer Vorleistungspflicht des Gläubigers umgestaltet würde. Dies wird vermieden, wenn erst das Vollstreckungsorgan bei Beginn der Zwangsvollstreckung feststellt, ob die Zug um Zug zu erbringende Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde. |
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Eine Bedingung für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung stellt grundsätzlich auch die Abhängigkeit vom E... |