Schwierige Situation für den Gläubiger
Für den Gläubiger ist die Situation schwierig: Einerseits wird er sicher nicht die Verantwortung für einen Suizid aufgrund der Zwangsräumung übernehmen wollen, andererseits muss er auch seine persönliche, wirtschaftliche und letztlich ebenfalls gesundheitliche Situation bedenken. Der gesetzliche Schutz des Mieters geht sehr weit und lässt dem Eigentumsrecht des Gläubigers nur geringe Spielräume.
Achtung bei der Begründung des Mietverhältnisses
Der Vermieter muss schon bei der Auswahl des Mieters darauf bedacht sein, seine Interessen zur Geltung zu bringen. So kann neben der wirtschaftlichen Bonitätsprüfung über eine der Auskunfteien, das örtliche Inkassounternehmen oder einen örtlichen Hausbesitzer- und Vermieterverein auch eine Anfrage beim vorherigen Vermieter sinnvoll sein.
Hinweis
In der Praxis hilft dabei ein persönliches Gespräch mehr als eine "Vorvermieterbescheinigung". So mancher Vorvermieter spricht mehr, als er zu schreiben bereit ist.
Fortwährende Betreuung des Mietverhältnisses
Die Bonitätskontrolle und die Prüfung der sonstigen Verhältnisse des Schuldners werden häufig nur als eine Einmalkontrolle bei Beginn des Mietverhältnisses durchgeführt. Tatsächlich handelt es sich um eine Daueraufgabe, der sich der Vermieter fortwährend stellen muss. Das regelmäßige Gespräch mit dem Mieter schafft ebenso Erkenntnisse wie eine zumindest jährliche Bonitätsprüfung sowie anlassbezogene Überprüfungen.
Hinweis
Solche Aufgaben können auch für einen überschaubaren Betrag auf eine Hausverwaltung oder ein Inkassounternehmen delegiert werden.
Anforderungen an den Schuldner stellen
In der Auseinandersetzung um die Räumung gilt es, dem Schutzbedürfnis des Schuldners nicht voreilig den Vorrang einzuräumen.
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Zunächst einmal sind aussagekräftige Gutachten, am besten ein amtsärztliches Zeugnis über den tatsächlichen Gesundheitszustand und das Ausmaß der Gefährdung zu fordern. Mit einer Bescheinigung des Hausarztes sollte sich der Vermieter nicht zufrieden geben. |
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Sodann ist die Darlegung zu fordern, was vom Schuldner für eine Besserung der Situation unternommen wird und ob eine solche überhaupt zu erwarten ist. |
Hinweis
Der Gläubiger muss in diesem Zusammenhang unbedingt auf die Maßnahmen der Krankenkassen und öffentlicher Stellen hinweisen. Ist der Gesundheitszustand des Schuldners sehr kritisch, muss einer stationären Aufnahme der Vorrang vor einem Verbleib in der zu räumenden Wohnung gegeben werden.
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Damit der wirtschaftliche Schaden gering bleibt, ist ggf. mit der Sozialhilfebehörde zu klären, ob diese trotz Räumungstitel die fortwährende Nutzungsentschädigung übernimmt. |
Hinweis
Der Gläubiger muss stets darauf achten, dass er sein Räumungs- und Zahlungsbegehren konsequent weiter führt, damit aus einem Nachlassen seiner Bemühungen nicht auf ein konkludentes Fortsetzen des Mietverhältnisses oder dessen Neubegründung geschlossen werden kann.
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Der Gläubiger muss dann alle Belange zusammenstellen, die seine (Verfassungs-)Rechte berühren, und rechtfertigen, dass die Räumung trotz des Gesundheitszustandes des Schuldners durchgeführt wird. |
FoVo 1/2017, S. 9 - 13