Der BGH sagt nein!
Die Vorschrift des § 765a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Anzuwenden ist § 765a ZPO nur dann, wenn im Einzelfall die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde (BGHZ 161, 371; BGH NJW 2005, 1859; BGH NJW 2004, 3635 jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
PfÜB beeinträchtigt Wohnrecht nicht unmittelbar
Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung in Forderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin nach Maßgabe der §§ 828 ff. ZPO. Die angefochtene Pfändung (§ 829 ZPO) und Überweisung jener Forderungen zur Einziehung (§ 835 Abs. 1 ZPO) hat dazu geführt, dass die Gläubigerin nunmehr berechtigt ist, die Forderungen im eigenen Namen durchzusetzen. In dem hierdurch bedingten Verlust der in den Forderungen repräsentierten Vermögenswerte liegt keine Härte für den Schuldner, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren wäre. Solches macht er auch gar nicht geltend. Vielmehr beruft er sich zur Begründung seines Vollstreckungsschutzantrages darauf, durch die in Rede stehende Vollstreckungsmaßnahme seine genossenschaftlichen Wohnungsrechte verloren zu haben. Es drohe der Verlust seiner Wohnung. Das trifft so nicht zu.
Der Schuldner ist zur Nutzung seiner Wohnung aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit der Drittschuldnerin im Nutzungsvertrag berechtigt. Dieses Nutzungsrecht wird durch den PfÜB nicht beeinträchtigt. Es ist allenfalls deshalb betroffen, weil die Gläubigerin zur Fälligstellung und anschließenden Beitreibung des gemäß Ziff. 1 des PfÜB gepfändeten Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens von der durch § 66 Abs. 1 GenG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin zu kündigen.
Wenn überhaupt nur Einzelpunkte des PfÜB betroffen
Die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin ist nicht durch die beanstandete Vollstreckungsmaßnahme, sondern durch die Ausübung eines gesetzlich verankerten Kündigungsrechts der Gläubigerin beendet worden. Daraus folgt, dass die Forderungspfändung sich allenfalls in dem Umfang als eine unzumutbare Härte im Sinne des § 765a ZPO erweisen könnte, in dem sie geeignet und erforderlich war, die Kündigung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin durch die Gläubigerin gemäß § 66 Abs. 1 GenG zu rechtfertigen. Das trifft schon im Ausgangspunkt nur für den unter Ziffer 1 des PfÜB genannten Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zu, nicht hingegen für die darüber hinaus gepfändeten Forderungen. Weil sie nicht auf Auszahlung der Geschäftsanteile des Schuldners gerichtet sind, konnte ihre Pfändung auch nicht gemäß § 12 Abs. 2a der Satzung der Drittschuldnerin zu einer Verwirkung der genossenschaftlich verankerten Wohnungsrechte des Schuldners führen. Schon deshalb kam hinsichtlich der letztgenannten Forderungen die Bewilligung von Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht in Betracht.
Mittelbare Beeinträchtigung ist keine besondere Härte
Die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens erweist sich nicht deshalb als unzumutbare Härte im Sinne des § 765a ZPO, weil sie mittelbar zum Verlust der genossenschaftlichen Wohnungsrechte des Schuldners geführt hat und die Möglichkeit besteht, dass er seine derzeitige Wohnung verliert.
A.A. des OLG Hamm zurückgewiesen
Der Schuldner stützt seine gegenteilige Auffassung unter anderem auf einen Beschluss des OLG Hamm (WuM 1983, 267), wonach die Pfändung eines genossenschaftlichen Auseinandersetzungsguthabens jedenfalls dann unverhältnismäßig sein soll, wenn der Schuldner dadurch seine Wohnberechtigung in einer langjährig bewohnten günstigen Mietwohnung verliert und er aufgrund seiner Einkommensverhältnisse ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Anmietung einer anderen Wohnung nicht in der Lage sei. Diese Sichtweise teilt der Senat jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht.
Grundsätzlich Grundrechte beachten
Richtig ist allerdings, dass die Vollstreckungsgerichte bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen haben. Ergibt die erforderliche Abwägung, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange, deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletzen und dazu führen, dass die Vollstreckung für einen gewissen, auch längeren Zeitraum einzustellen ist. Das gilt insbesondere dann, wenn ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG konkret zu besorgen ist (BVerfGE 52, 214; BVerfG NJW 2007, 2910; BGH NJW 2009,...