Vollstreckung in den Nachlass ist immer möglich
Ist der Schuldner verstorben, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 779 ZPO die Zwangsvollstreckung in den Nachlass fortsetzen. Ist ein Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter bestellt, kann die Zwangsvollstreckung gegen diese nach einer entsprechenden Umschreibung des Titels betrieben werden.
Nach § 1922, 1967 BGB haften die Erben des Erblassers für die von diesem begründeten Verbindlichkeiten allerdings nicht nur mit dem Nachlass, sondern grundsätzlich auch mit ihrem eigenen Vermögen. Ist die Forderung noch untituliert, muss sie gegenüber den Erben in gleicher Weise geltend gemacht werden, wie der Gläubiger sie gegenüber dem Erblasser als Schuldner geltend gemacht hätte. Auch gegenüber den Erben kann mithin ein Mahnbescheid beantragt werden oder Klage auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Anspruchs erhoben werden. Im Fall des Lesers war die Forderung bereits tituliert, so dass dieser Weg nicht mehr beschritten werden musste. Ausreichend war vielmehr, den Titel auf die Erben umzuschreiben.
Hinweis
Der Erbe hat neben der Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen, grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, seine Eigenhaftung zu beschränken. Diese Haftungsbeschränkungen haben allerdings formelle und zeitliche Voraussetzungen, die vielfach nicht eingehalten werden. Nachdem im Fall des Lesers die Erben überhaupt nicht reagiert haben, mithin auch keine Haftungsbeschränkungen geltend gemacht haben, sollen diese bei den nachfolgenden Ausführungen außer Betracht bleiben.
Umschreibung des Titels auf den Erben ist erforderlich
Ist der Schuldner verstorben, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in den Nachlass, § 779 ZPO, und in das Eigenvermögen des Erben betreiben. Hierzu ist allerdings die Umschreibung des Titels nach § 727 auf den oder die Erben als Rechtsnachfolger (1922 BGB) des Schuldners, also eine titelübertragende Klausel erforderlich.
Gläubiger muss Erbschein vorlegen
Um die Umschreibung nach § 727 ZPO zu erwirken, ist es erforderlich, dass der Gläubiger die Rechtsnachfolge, d.h. den Erbfall und die Erbfolge, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachweist. Ausnahmsweise darf die Umschreibung auch ohne diesen formellen Nachweis erfolgen, wenn die Rechtsnachfolge für das Gericht offenkundig ist, etwa wenn vor dem Gericht ein entsprechender Erbfolgestreit bereits entschieden wurde oder die benannten Erben nach § 730 ZPO ihre eigene Erbenstellung ausdrücklich zugestehen. Ein Schweigen auf eine entsprechende gerichtliche Anfrage genügt demgegenüber nicht. Nach § 750 Abs. 1, 2 ZPO darf die Zwangsvollstreckung dann fortgesetzt werden, wenn den Erben als neuen Schuldnern der Titel nebst der titelübertragenden Klausel und die Abschriften der Urkunden, die der Erteilung zugrunde liegen, zugestellt wurden.
Gläubiger kann Abschrift eines bereits erteilten Erbscheins verlangen
Der Gläubiger kann zunächst durch Einsichtnahme in die Nachlassakte nach §§ 13, 357 FamFG klären, ob bereits ein Erbschein erteilt wurde. Ist dies der Fall, so kann er nach §§ 13, 357 FamFG, § 792 ZPO eine beglaubigte Abschrift des Erbscheins verlangen. Diesen kann er dann im Klauselverfahren vorlegen und so eine Titelumschreibung erreichen und anschließend in Abschrift dem Erben als Schuldner auch zustellen.
Gläubiger kann Erbschein auch selbst beantragen
Befindet sich nach der Einsichtnahme in die Nachlassakten dort kein Erbschein und ist ein solcher auch nicht beantragt, so kann der Gläubiger diesen auch selbst beantragen. Das Antragsrecht des Gläubigers ergibt sich unmittelbar aus § 792 ZPO (Musielak-Lackmann, ZPO, 8. Aufl., § 792 Rn 1; B/L/A/H-Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 792 Rn 3; MüKo-Schmidt, ZPO, 3. Aufl., § 792 Rn 6 und 7; LG Hildesheim MDR 1961, 56). Das Nachlassgericht hat auf den Antrag hin die Erben nach § 2358 BGB von Amts wegen zu ermitteln. Diesen ist zum Antrag rechtliches Gehör zu gewähren. Übermäßige Anforderungen an die Darlegungen des Gläubigers darf das Nachlassgericht nicht stellen, insbesondere kann dem Gläubiger die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erlassen werden (vgl. hierzu etwa LG Kassel FamRZ 2010, 1016; LG Ansbach Rpfleger 2009, 568).
Hinweis
Ein Inkassounternehmen soll nach einer Entscheidung des AG Meldorf (v. 9.11.2010, 43 VI 82/10 = ErbR 2011, 31) mangels eines Antragsrechts nicht berechtigt sein, für einen Gläubiger des Erblassers einen Erbschein zu beantragen oder anderweitig als Bevollmächtigter vor dem Nachlassgericht aufzutreten, um die Umschreibung eines gegen den Erblasser gerichteten Titels auf den Erben nach § 792 ZPO durchzuführen. Die Entscheidung verkennt jedoch, dass das Antragsrecht des Gläubigers auf § 792 ZPO beruht und diese Vorschrift Teil der Mobiliarzwangsvollstreckung ist. Nach § 79 Abs. 2 Nummer 4 ZPO sind registrierte Inkassodienstleister nach Paragraph 10 Abs. 1 RDG aber berechtigt, die Mobiliarzwangsvollstreckung durchzuführen. Der Entscheidung kann mithin nicht zugestimmt werden. Soweit das Amtsgericht ...