Leitsatz
Den Schuldner trifft nur dann eine Verpflichtung zur Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses, wenn der Gläubiger konkrete Verdachtsmomente für einen nicht offenbarten Vermögenswert beibringen kann.
AG Lahr, 10.6.2011 – M 1636/10
1 I. Der Fall
GV verweigert Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses
Die Gläubigerin wendet sich gegen die Ablehnung des Gerichtsvollziehers (GV), im Nachbesserungsverfahren auf Abgabe der e.V. eine Ergänzung des Vermögensverzeichnisses durch die Beantwortung von Fragen der Gläubigerin vorzunehmen.
Nach Vorlage des Vermögensverzeichnisses beantragte die Gläubigerin die Beantwortung von weiteren 17 Fragen, was der GV ablehnte. Nach seiner Auffassung habe der Schuldner die geforderten Angaben gemacht. Nach diversem Schriftverkehr hat die Gläubigerin zuletzt noch die Beantwortung von sieben Fragen begehrt. Nachdem der GV auch dies abgelehnt hat, wendet sie sich mit ihrer Erinnerung an das Vollstreckungsgericht.
2 II. Die Entscheidung
Die Grundsätze zur Nachbesserung
Der Schuldner ist nach § 807 Abs. 3 ZPO verpflichtet, ein nach bestem Wissen und Gewissen ausgefülltes Vermögensverzeichnis vorzulegen. Hat der Schuldner ein lückenhaftes, ungenaues oder unklares Vermögensverzeichnis vorgelegt, besteht eine Pflicht zur Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses. Der Gläubiger kann insoweit Fragen an den Schuldner stellen. Zulässig ist eine Frage nur dann, wenn sie der Offenbarung eines Vermögenswertes dient, der grundsätzlich dem Vollstreckungszugriff unterworfen sein kann. Bei der Beurteilung, welche Fragen im Einzelnen zulässig sind, ist das Interesse des Gläubigers an einer effektiven Informationsbeschaffung als Grundlage einer effektiven Zwangsvollstreckung einerseits und das Interesse des Schuldners, eine allgemeine Ausforschung seiner Lebensverhältnisse zu verhindern, andererseits zu berücksichtigen. Nicht zulässig sind allgemeinfragen, die der Ausforschung des Schuldners dienen.
AG verlangt "konkrete" Vermögensvermutung
Fragen im Nachbesserungsverfahren setzen jedoch den konkreten Verdacht voraus, dass weiteres Vermögen vorhanden ist. Ein solcher Verdacht kann sich auch aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergeben; aus Gründen des Schuldnerschutzes bedarf es dann aber hinreichend begründeter Anknüpfungstatsachen. Ein Verdacht kann sich daher nicht allein aus der Schuldnereigenschaft ergeben. Vielmehr muss die finanzielle Situation des Schuldners so gestaltet sein, dass ohne das Vorhandensein weiterer Vermögenswerte der Lebensstil des Schuldners nicht oder nur schwer erklärbar ist.
Ohne Zusatzangaben keine Frage nach der Lebensgefährtin
Die Frage, ob die Schuldnerin einen Lebensgefährten hat, ist unzulässig. Ebenfalls unzulässig sind somit auch die an das Vorhandensein eines Lebensgefährten anknüpfenden Folgefragen. Die Frage ist nicht unmittelbar auf die Offenbarung eines Vermögenswertes gerichtet, der dem Vollstreckungszugriff unterworfen ist; sie dient vorliegend nur der Ausforschung der Schuldnerin. Fragen nach einem Lebensgefährten sind dem Gläubiger dann zuzubilligen, wenn angesichts der bisherigen Angaben des Schuldners die Lebenserfahrung für das Vorhandensein weiterer Vermögenswerte spricht, etwa in Form eines verschleierten Arbeitseinkommens nach § 850h ZPO. Anhaltspunkte, die den Verdacht rechtfertigen, dass die Schuldnerin einen Lebensgefährten hat, wurden vom Gläubiger aber nicht vorgetragen. Die finanzielle Situation der Schuldnerin begründet vorliegend nicht den Verdacht, dass eine Unterstützung durch einen Lebensgefährten erfolgt. Der Schuldnerin stehen – inklusive Kindergeld für ihre drei Kinder – monatlich 1.087,00 EUR zur Verfügung, wobei sie in einer von der Stadt zugewiesenen Obdachlosenwohnung wohnt. Der Lebensstil der Schuldnerin gibt daher keinen Anlass zu der Annahme, dass dieser nur durch weitergehende Unterstützung aufrechterhalten werden könne.
Keine Frage nach der Bestreitung des Lebensunterhaltes
Die Frage, wie die Schuldnerin ihren Lebensunterhalt bestreitet, ist unzulässig. Die Frage ist nicht konkret auf das Vorhandensein bestimmter Vermögenswerte gerichtet. Sie zielt auf eine umfassende Beantwortung der persönlichen Lebenssituation der Schuldnerin.
Keine Frage nach freiwilligen Zuwendungen Dritter
Die Frage, ob die Schuldnerin Unterstützung durch dritte Personen erfährt, ist unzulässig. Die Frage ist auf die Offenbarung von Vermögenswerten gerichtet, die dem Vollstreckungszugriff nicht unterworfen wären. Die Frage wurde auch noch nicht von der Schuldnerin beantwortet. Zwar hat die Schuldnerin angegeben, keine Unterhaltsansprüche zu haben, damit wurde aber nicht die Frage beantwortet, ob freiwillige Zuwendungen an sie erfolgen. Es wurden jedoch wiederum keine Anhaltspunkte vorgetragen, die den Verdacht rechtfertigen, dass die Schuldnerin derartige Zuwendungen empfängt.
Keine Frage nach Versicherungen der Schuldnerin
Die Fragen, bei welchem Versicherungsträger die Schuldnerin Versicherungen abführt und bei welcher Krankenversicherung die Schuldnerin krankenversichert ist, ist unzulässig. Es ist nicht erk...