BGH hebt die Entscheidung auf
Die gem. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Anweisung an den Gerichtsvollzieher, den Vollstreckungsauftrag nicht mit der bisherigen Begründung abzulehnen bzw. die Zwangsvollstreckung einzustellen.
GV hat Reichweite von § 775 ZPO verkannt
Der GV hat die Zwangsvollstreckung zu Unrecht mit der Begründung eingestellt, es liege ein Schuldenbereinigungsplan vor, der die Forderung erfasse. § 775 Nr. 1 ZPO ordnet die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsorgan an, wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Dem Schuldenbereinigungsplan kommt nicht die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zu, die zur Unzulässigkeit der Einzelzwangsvollstreckung führen würde, § 89 InsO. Im Gegenteil fingiert der Beschluss des Insolvenzgerichts nach § 308 Abs. 1 S. 1 InsO, mit dem die Annahme des Schuldenbereinigungsplans festgestellt wird, die Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 308 Abs. 2 InsO.
Schuldenbereinigungsplan ist keine gerichtliche Entscheidung
Der Schuldenbereinigungsplan selbst stellt keine gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 1 ZPO dar. Hierunter fallen nur Urteile und Beschlüsse. Der vom Schuldner vorgelegte und von den Gläubigern angenommene Schuldenbereinigungsplan hat materiell-rechtlich die Wirkung eines Vergleichs im Sinne des § 779 BGB. In ihm wird über die Zwangsvollstreckung aus dem ursprünglichen Titel keine vollstreckbare Entscheidung getroffen.
Beschluss nach § 308 InsO hat keine Wirkung nach § 775 ZPO
Auch der Beschluss des Insolvenzgerichts nach § 308 Abs. 1 S. 1 InsO, in dem dieses die Annahme des Schuldenbereinigungsplans durch die Gläubiger bestätigt, enthält inhaltlich keine Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 1 ZPO. Es handelt sich lediglich um einen klarstellenden Beschluss, dem Insolvenzgericht kommt darüber hinaus keine materiell-rechtliche Prüfungskompetenz zu.
Beschluss nach § 308 InsO hat keine Wirkung
Aus dem Umstand, dass der Auszug aus dem Schuldenbereinigungsplan, dessen Annahme durch die Gläubiger durch Beschluss nach § 308 Abs. 1 S. 1 InsO bestätigt worden ist, die Wirkung eines Prozessvergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat, § 308 Abs. 1 S. 2 InsO, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach ganz allgemeiner Meinung kann ein Prozessvergleich nicht unmittelbar zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen führen, da es sich bei einem Prozessvergleich nicht um eine gerichtliche Entscheidung im Sinne von § 775 Nr. 1 ZPO handelt (BayObLG NJW-RR 1999, 506; OLG Hamm NJW 1988, 1988; LG Itzehoe SchlHA 2006, 205; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 775 Rn 4a; Musielak/Lackmann, ZPO, 8. Aufl., § 775 Rn 3; MüKoZPO/K. Schmidt, 3. Aufl., § 775 Rn 10; vgl. auch BGH BauR 2007, 1934 = NZBau 2007, 706; BGH NJW-RR 2004, 1718). Für den Schuldenbereinigungsplan gilt nichts anderes. Er stellt in gleicher Weise wie der gerichtliche Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO keine gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 1 ZPO dar, auch wenn das Insolvenzgericht nach § 308 Abs. 1 S. 1 InsO die Annahme des Schuldenbereinigungsplans durch die Gläubiger oder deren Ersetzung durch Beschluss feststellt und insoweit ein Vollstreckungstitel geschaffen wird.
Keine Beschränkung im Schuldenbereinigungsplan
Aus dem Schuldenbereinigungsplan ist die Vollstreckung zulässig, soweit er einen vollstreckbaren Inhalt hat. Ob daneben auch noch die Vollstreckung aus dem ursprünglichen Titel – gegebenenfalls beschränkt auf den Betrag, dem der Gläubiger im Schuldenbereinigungsplan zugestimmt hat – möglich ist, ist Sache der Vereinbarungen der Parteien im Schuldenbereinigungsplan. Ursprünglich erwirkte Titel oder Pfändungspfandrechte können aufrechterhalten, modifiziert, beschränkt oder beendet bzw. aufgehoben werden (vgl. LG Trier NZI 2005, 405). Insbesondere bei bereits begonnener Vollstreckung kann wegen der rangwahrenden Wirkung von Pfändungsmaßnahmen hierfür ein Bedürfnis bestehen. Das ist von den Parteien frei vereinbar und gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln (FK-InsO/Kohte, 5. Aufl., § 308 Rn 1). Der Schuldenbereinigungsplan hat daher nicht generell und in jedem Fall die Wirkung der Aufhebung oder Beschränkung eines früher ergangenen Titels über eine einbezogene Forderung oder der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus diesem Titel.
Parallele zur Restschuldbefreiung
Der Schuldenbereinigungsplan ist daher – wie auch die Restschuldbefreiung (BGH NJW 2008, 3640) – keine vollstreckbare Entscheidung, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil aufge...