Leitsatz

Es obliegt der Dispositionsbefugnis des Gläubigers, ob er einen Antrag nach § 802d ZPO stellen will. Hat der Gläubiger dies in seinem Auftrag ausgeschlossen und stellt sich heraus, dass der Schuldner bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat, ist ihm das alte Vermögensverzeichnis nicht zu übersenden. Für eine gleichwohl erfolgte Übersendung kann keine Gebühr nach Nr. 261 KV GvKostG erhoben werden.

AG Arnsberg, 31.10.2013 – 6 T 210/13

1 I. Der Fall

Gläubigerin will kein altes Vermögensverzeichnis

Die Gläubigerin betreibt aus einem Vollstreckungsbescheid die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Zu diesem Zweck hat sie den Gerichtsvollzieher mit der gütlichen Einigung und nachfolgend der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt. Gleichzeitig hat sie den Gerichtsvollzieher angewiesen, die Abnahme der Vermögensauskunft zu unterlassen, wenn der Schuldner bekanntermaßen Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht. Weiter heißt es in dem Auftrag: "Sollte der Schuldner bereits die Vermögensauskunft oder eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, so bitten wir um Rücksendung der Unterlagen an die Gläubigerin unter Angabe des Zeichens. Eine Abschrift wird ausdrücklich nicht beantragt." Gleichwohl hat der Gerichtsvollzieher nach dem Scheitern einer gütlichen Erledigung und der Feststellung, dass der Schuldner bereits im März 2013 eine Vermögensauskunft abgegeben hat, der Gläubigerin das Vermögensverzeichnis übersandt und seine Tätigkeit mit insgesamt 49 EUR abgerechnet. Hier gegen wendet sich die Gläubigerin.

GV, Bezirksrevisor und AG gehen von Über­sendungspflicht aus

Der Bezirksrevisor ist wie der Gerichtsvollzieher der Auffassung, dass die Vorschrift des § 802d ZPO zwingend eine Übersendung der bereits abgegebenen Vermögensauskunft verlange. Anderenfalls erfolge nämlich keine Eintragung des Schuldners im Schuldnerverzeichnis, was der Warnfunktion des Schuldnerverzeichnisses vor illiquiden Teilnehmern widerspreche. Der Gesetzgeber habe dem Gläubiger keine Möglichkeit des Verzichts auf die Abdruckerteilung eingeräumt. Das Amtsgericht hat sich in seiner Erinnerungsentscheidung dem Gerichtsvollzieher und dem Bezirksrevisor angeschlossen. Hier gegen wendet sich die Gläubigerin nunmehr mit ihrer sofortigen Beschwerde.

2 II. Die Entscheidung

LG folgt dem Gläubiger

Die Beschwerde ist begründet, da die Überleitung des Ausdrucks des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses an die Gläubigerin zu Unrecht erfolgt ist. Kosten können für diese Tätigkeit daher nicht erhoben werden.

Was nicht bestellt ist, muss nicht bezahlt werden

Gemäß § 802d ZPO ist ein Schuldner, der die Vermögensauskunft innerhalb der letzten zwei Jahre bereits abgegeben hat, zur erneuten Abgabe nur verpflichtet, wenn ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Anderenfalls leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu. Im vorliegenden Fall hat die Gläubigerin in ihrem Vollstreckungsantrag deutlich gemacht, dass sie den Antrag, dem Schuldner erneut die Vermögensauskunft abzunehmen, nicht stellen will. Den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft hat die Gläubigerin nur für den Fall gestellt, dass es sich um einen Erstantrag handelt, der auch tatsächlich zu einer aktuellen Abnahme der Vermögensauskunft führt. Insofern steht der Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft unter der zulässigen Bedingung, dass es sich um einen Erstantrag handelt bzw. der Schuldner in den letzten zwei Jahren noch keine Vermögensauskunft abgegeben hat. Daher war im vorliegenden Fall die Übersendung des Vermögensverzeichnisses zulässigerweise nicht beantragt und somit überflüssig.

Gläubiger hat die Antragsgewalt

Lediglich hilfsweise ist noch auszuführen, dass ein Gläubiger sein Auftrag jederzeit zurücknehmen kann. Bei der Regelung des § 800 2D ZPO handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren, bei dem erst zu prüfen ist, ob ein Schuldner die Vermögensauskunft bereits abgegeben hat. Ist dies der Fall, ist in einem zweiten Schritt dem Gläubiger gegebenenfalls Gelegenheit zum Vortrag wesentlicher veränderter Tatsachen zu geben. Erst wenn dies nicht erfolgt, wird dem Gläubiger ein Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zugeleitet. Vor diesem zweiten Schritt kann der Gläubiger seinen Antrag jedoch jederzeit zurücknehmen. Auf die Beschwerde der Gläubigerin ist die angefochtene Kostennote daher aufzuheben.

Eingesandt von unserem Leser Ralf Hartweg, Münster

3 III. Der Praxistipp

Landgericht stärkt die Dispositionsbefugnis des Gläubigers

Die Entscheidung des Landgerichtes entspricht der in der FoVo 2013, 86 von unserem ständigen Autor, Herrn RiOLG Frank-Michael Goebel, begründeten Ansicht. Und zu Recht hat das Landgericht die Argumentation des Gerichtsvollziehers und des Bezirksrevisors für nicht durchgreifend erachtet, dass dem Schuldnerverzeichnis seine Wirkung genommen werde, wenn der Schuldner nach einem (zurückgenommenen) Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nicht im Sc...

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