Leitsatz
1. Nach § 727 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsnachfolge, wenn sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Dieser Nachweis ist geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann.
2. Ergibt sich aus einem Grundbuchauszug, dass ein Insolvenzvermerk gelöscht ist, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass das Grundstück nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegt.
BGH, Beschl. v. 30.8.2017 – VII ZB 23/14
1 I. Der Fall
Vollstreckbare Ausfertigung gegen den Insolvenzverwalter …
Die Antragstellerin ist Inhaberin der im Grundbuch eingetragenen Grundschuld. Aus der Grundschuldbestellungsurkunde will die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung betreiben. Nachdem über das Vermögen des Eigentümers des Grundstücks das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, erteilte Notar D. der Antragstellerin eine vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde gegen den Insolvenzverwalter. Am 8.12.2009 erfolgte die Löschung des Insolvenzvermerks im oben genannten Grundbuch.
… die umgeschrieben werden soll
Mit Schreiben vom 10.10.2013 hat die Antragstellerin die Umschreibung der vollstreckbaren Ausfertigung zu der oben genannten Grundschuldbestellungsurkunde gegen den Grundstückseigentümer beantragt, weil das beschlagnahmte Grundstück vom Insolvenzverwalter freigegeben worden sei, was sich aus der Löschung des Insolvenzvermerks ergebe.
Notar lehnt ab: Freigabeurkunde sei erforderlich
Der Notar hat den Antrag zurückgewiesen, da eine öffentlich beglaubigte Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie ein Nachweis der Zustellung der Freigabeerklärung an den Grundstückseigentümer in öffentlicher Form (Gerichtsvollzieherprotokoll) erforderlich sei. Die Beschwerde wurde vom LG zurückgewiesen, so dass die Antragstellerin ihr Begehren mit der Rechtsbeschwerde weiterverfolgt.
2 II. Die Entscheidung
BGH teilt die Auffassung des Notars nicht
Rechtsfehlerhaft verlangt das LG als Nachweis nach § 727 ZPO analog eine öffentlich beglaubigte Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie einen Nachweis der Zustellung der Freigabeerklärung an den Grundstückseigentümer in öffentlicher Form (Gerichtsvollzieherprotokoll).
Freigabe ist Fall der Rechtsnachfolge
Zutreffend geht das LG davon aus, dass § 727 ZPO entsprechende Anwendung findet, wenn nach der Freigabe eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner eingeleitet werden sollen. Zwar ist der Schuldner kein Rechtsnachfolger des Insolvenzverwalters. Jedoch fällt ihm die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Grundstück wieder zu (vgl. § 80 Abs. 1 InsO). Nur der Schuldner kann nach der Freigabe des Grundstücks Adressat von nunmehr einzuleitenden Vollstreckungsmaßnahmen sein, weshalb eine Klauselumschreibung notwendig ist (vgl. BGH DNotZ 2005, 840 f.; BGHZ 188, 177).
Des Weiteren zutreffend geht das LG davon aus, dass der Insolvenzverwalter einzelne Vermögensbestandteile aus dem Insolvenzbeschlag zugunsten des Schuldners freigeben kann (st. Rspr. BGHZ 192, 322 Rn 22). Die Freigabe erfolgt durch empfangsbedürftige unwiderrufliche Erklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Schuldner (BGHZ 127, 156, 163).
Übersteigerte Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge
Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des LG, im Klauselerteilungsverfahren entsprechend § 727 ZPO könne der Rückfall der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Schuldner nur mit einer öffentlich beglaubigten Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie einem Nachweis der Zustellung der Freigabeerklärung an den Schuldner in öffentlicher Form (Gerichtsvollzieherprotokoll) erfolgen. Nach § 727 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsnachfolge, wenn sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Dieser Nachweis ist nach allgemeiner Auffassung geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann. So hat bereits das Reichsgericht entschieden, dass vom Titelbesitz auf den Übergang der Forderung geschlossen werden kann (RGZ 57, 326, 328).
Grundbuchauszug begründet Offenkundigkeit
Das bedeutet für den Nachweis der Freigabe eines Grundstückes aus dem Insolvenzbeschlag, dass nicht zwingend die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde und ein Nachweis der Übermittlung der Freigabeerklärung an den Schuldner mittels öffentlicher Urkunde erforderlich sind. Es reicht aus, wenn aus einer anderen öffentlichen Urkunde dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach der Schluss gezogen werden kann, dass das Grundstück vom Insolvenzbeschlag freigegeben ist. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn aufgrund eines Grundbuchauszuges festgestellt werden kann, dass der Insolvenzvermerk gelöscht ist.
Löschung im Grundbuc...