Widerspruch mit nachfolgender gütlicher Einigung
Es gehört zur täglichen Praxis bei der Einziehung eigentlich unstreitiger Forderungen, dass der Schuldner jede Gelegenheit nutzt, um die Forderungseinziehung, insbesondere auch die Titulierung und Vollstreckung, zu verzögern. Nicht selten geschieht dies auch im gerichtlichen Mahnverfahren, in dem der Schuldner Widerspruch einlegt und auf eine Nachfrage dann eine gütliche Einigung erzielt wird.
Hinweis
Wird nach dem Widerspruch Kontakt mit dem Schuldner aufgenommen, um mit ihm die Vermeidung des gerichtlichen Erkenntnisverfahrens zu besprechen, entsteht eine 1,2-Terminsgebühr nach Vorbem. 3.3.2. i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV RVG. Gelingt die gütliche Einigung mit einer Ratenzahlungsvereinbarung, entsteht zusätzlich die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1, 1003 VV RVG in Höhe einer 1,0-Einigungsgebühr.
Aber dann doch alles nur zur Verzögerung
Regelmäßig ist dann aber die Enttäuschung groß: Der Schuldner zahlt meist keine oder nur eine erste Rate und stellt die Zahlungen dann ein. Sein Ziel ist es allein, die Forderungseinziehung weiter zu verzögern. Die weiteren Kosten sind ihm meist nicht wichtig, weil er davon ausgeht, auch diese nicht zahlen zu müssen, oder sie ihm auch gar nicht bewusst sind.
BGH hat gute Handlungsoptionen eröffnet
Der Gläubiger kann dann natürlich das Verfahren fortführen und die Abgabe der Sache an das Streitgericht beantragen. Viel sinnvoller erscheint es aber, diese Situation schon bei der Besprechung und der gütlichen Einigung zu sehen. Mit dem Schuldner kann dann vereinbart werden, dass er den Widerspruch zurücknimmt und auf einen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid verzichtet. Diese Erklärung ist gegenüber dem Zentralen Mahngericht abzugeben. Es sollte also einerseits eine Regelung in die Zahlungsvereinbarung aufgenommen werden, andererseits eine an das zentrale Mahngericht gerichtete Erklärung unterschrieben werden. Dass beides zulässig ist, hat der BGH entschieden (v. 1.4.2021 – III ZR 47/20)
Muster: gütliche Einigung
Der Schuldner verpflichtet sich, gegenüber dem Zentralen Mahngericht … den Widerspruch vom … gegen den gerichtlichen Mahnbescheid des AG … – Zentrales Mahngericht – vom … , Az.: … , zurückzunehmen und in gleicher Weise auf einen Einspruch gegen einen vom Gläubiger beantragten Vollstreckungsbescheid schon jetzt zu verzichten. Eine an das Zentrale Mahngericht gerichtete Erklärung stellt der Schuldner dem Gläubiger zur Verfügung. Der Gläubiger wird davon nur Gebrauch machen, wenn der Schuldner mehr als zwei Wochen mit einer Rate in Verzug gerät.
Hinweis
Weil der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben hat, ist die Beantragung des Mahnbescheides auch noch nach mehr als sechs Monaten möglich. Die Sechs-Monats-Frist gilt nur, wenn der Schuldner keinen Widerspruch erhoben hat, § 701 ZPO.
Abgabe der Erklärungen an das Mahngericht verlangen
Nach der Entscheidung des BGH ist tragend, dass der Schuldner seine Erklärung dann gegenüber dem Zentralen Mahngericht und nicht nur gegenüber dem Gläubiger abgibt. Mit der Zahlungsvereinbarung im Rahmen der gütlichen Einigung sollte der Schuldner deshalb auch die an das zentrale Mahngericht zu adressierende Erklärung unterschreiben.
Muster: Schreiben an das Zentrale Mahngericht
An das
Amtsgericht … – Zentrales Mahngericht
Adresse
Widerspruchsrücknahme zum Mahnbescheid
Verzicht auf Einspruch gegen den noch zu erlassenden Vollstreckungsbescheid
In der Mahnsache
des …
– Gläubiger –
vertreten durch …
gegen …
– Schuldner –
Az.: …
nehme ich hiermit den Widerspruch vom … gegen den Mahnbescheid vom … zum vorbezeichneten Aktenzeichen zurück.
Ich erkläre zugleich, dass ich auf einen Einspruch gegen den vom Gläubiger noch zu beantragenden Vollstreckungsbescheid hiermit verzichte (BGH v. 1.4.2021 – III ZR 47/20).
Mit freundlichen Grüßen
(Schuldner)
Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 12/2021, S. 247 - 249