Mal wieder das LG Stuttgart
Man mag versucht sein, zu sagen: Mal wieder das – von sich in dritter Person sprechende – LG Stuttgart. Es tut sich in besonderer Weise hervor, wenn es darum geht, dem Gläubiger Schwierigkeiten zu bereiten, wenn es um eine schnelle und effektive Zwangsvollstreckung geht. Diese Nachricht hat aber auch etwas Tröstliches an sich. Meist vertritt das LG Stuttgart nämlich Mindermeinungen, die in der Folge vom BGH korrigiert werden. Zu erinnern ist nur an die Frage zur Herausgabe von Kontoauszügen (LG Stuttgart ZVI 2008, 386 = FoVo 2008, 24, korrigiert durch BGH NJW 2012, 1081 = FoVo 2012, 69 und BGH FoVo 2012, 73).
Unterschrift ist kein Erfordernis …
Nur am Rande erwähnt das LG die eigentlich entscheidende Frage: Bedarf es für den Erlass eines PfÜB eigentlich der Unterschrift auf dem Antrag? Die Antwort ist eindeutig und lautet: nein! Mangels einer entsprechenden Formvorschrift im allgemeinen Teil des Zwangsvollstreckungsrechtes bzw. bei den besonderen Vorschriften über die Forderungspfändung ist der Antrag formfrei möglich.
Hinweis
Ab dem 1.3.2013 muss für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der nach der Zwangsvollstreckungsformularverordnung vorgegebene und auf der Grundlage von § 829 Abs. 4 ZPO erlassene amtliche Vordruck genutzt werden. Er sieht vor, dass der Antragsteller den Antrag unterschreibt. Dieses Erfordernis ist allerdings nicht zwingend, sondern stellt lediglich eine Option dar. Der Verordnungsgeber wurde in § 829 Abs. 4 ZPO nämlich nicht ermächtigt, neue Formvorschriften einzuführen. Dies ist allein dem Gesetzgeber zur Regelung in der ZPO vorbehalten.
… weshalb es auch keiner eingescannten Unterschrift bedurfte
Der Gläubiger hat sich das Problem allerdings teilweise auch selbst zuzuschreiben. Bedurfte es nämlich keiner Unterschrift, fragt sich, weshalb er eine eingescannte Unterschrift nutzt. Er hätte gänzlich auf eine Unterschrift verzichten sollen. Wenn er denn schon eine eingescannte Unterschrift nutzt, hätte sie wenigstens lesbar sein können oder aber den Untersatz mit dem eigentlichen Namen verdient gehabt.
Anforderungen an den Entäußerungswillen zu hoch
Das LG Stuttgart stellt ebenso wie das LG Dortmund zu hohe Anforderungen an die Überzeugung, dass der Antrag mit Entäußerungswillen vorgelegt wurde. In der Konsequenz wird das Formerfordernis der Unterschriftsleistung durch die Hintertür und gegen die gesetzlichen Anforderungen eingeführt. Zunächst einmal spricht nämlich der Umstand, dass der Antrag dem Vollstreckungsgericht vorliegt dafür, dass er dorthin mit Entäußerungswillen gelangt ist. Es fragt sich nämlich, wie ansonsten ein solcher Antrag individualisiert erstellt, ihm die Vollstreckungsunterlagen beigefügt und er bei dem Vollstreckungsgericht eingegangen sein soll. Zusätzlich wurde im vorliegenden Verfahren durch individuellen Schriftsatz die Einzahlung der Gerichtskosten nachgewiesen und gegen die ablehnende Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt. Wer soll das alles ohne Entäußerungswillen veranlasst haben? Muss demnächst auch bei jedem Rentenbescheid oder jeder Baugenehmigung in Zweifel gezogen werden, dass sich der Absender ihrer entledigen wollte? Zu Recht legt deshalb etwa das LG Bad Kreuznach (23.4.2010 – 1 T 78/10) niedrigere Anforderungen zugrunde. Spätestens die Rechtsmittelschrift muss genügen, wenn nicht schon die Einzahlung der Gerichtskosten.
Hinweis
Das Bedürfnis, Massenverfahren automatisiert zu bearbeiten, darf nicht zu der Ansicht verführen, dass "niemand mehr wisse, was dort geschehe". Auch der automatisierte Prozess muss entworfen, eingerichtet und mit einem Formularwesen versehen werden. Da dort personenbezogene Daten verarbeitet werden, muss er den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes genügen. Der Prozess ist vor diesem Hintergrund getestet, vorgehalten und kontrolliert. Dabei zeigt die Praxis, dass zwar viele Prozesse automatisiert unterstützt, im Weiteren aber manuell betreut werden. Dies ändert nichts daran, dass der Ausführende am Ende seiner Überlegungen ein automatisiert erstelltes Schreiben nutzt, um seine Entscheidung zum Fortgang des Verfahrens zum Ausdruck zu bringen. Ohne die Unterstützung der modernen Technik – was soll auch dagegen sprechen – sind solche Massenverfahren nicht zu beherrschen. Die Kosten einer manuellen Bearbeitung müssten alle ehrlichen Verbraucher tragen.
Keine Auseinandersetzung mit dem BGH
Wollte man dem LG Stuttgart und dem LG Dortmund folgen, nach denen letztlich der Entäußerungswille nur durch eine Unterschrift zu führen ist, hätte es einer Auseinandersetzung mit den Anforderungen des BGH an die Leserlichkeit der Unterschrift bedurft. So hat der BGH gerade wieder entschieden, dass ein aus unleserlichen Zeichen bestehender Schriftzug jedenfalls dann eine Unterschrift im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO darstellt, wenn seine individuellen, charakteristischen Merkmale die Wiedergabe eines Namens erkennen lassen und aufgrund einer Gesamtwürdigung aller dem Gericht zur Verfügung steh...