BGH entscheidet zugunsten der Schuldner
Die Möglichkeit, Guthaben nach Maßgabe des § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO pfändungsfrei in den Folgemonat zu übertragen, besteht auch für gesperrtes Guthaben im Sinne von § 835 Abs. 4, § 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Zur Sicherung der persönlichen Lebensgrundlage des Schuldners kann dieser monatlich über sein Guthaben auf einem als Pfändungsschutzkonto geführten Girokonto bis zur Höhe des Freibetrags nach § 850c Abs. 1 S. 1 i.V.m.. § 850c Abs. 2a ZPO verfügen; insoweit wird das Guthaben von der Pfändung nicht erfasst (§ 850k Abs. 1 S. 1 ZPO). Soweit der Schuldner trotz eines entsprechenden Guthabens den Freibetrag nicht ausschöpft, stand ihm dieses Guthaben im Folgemonat zusätzlich pfändungsfrei zur Verfügung (§ 850k Abs. 1 S. 2 ZPO a.F.). Nach dem Wortlaut konnten Beträge, die zum Ende eines Monats auf dem Konto eingingen, aber für den Folgemonat bestimmt waren, insbesondere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II), von der Pfändung erfasst werden, wenn der Schuldner zuvor schon in Höhe des Freibetrags über sein Guthaben verfügt hatte. Sie standen dann im Folgemonat für den Lebensunterhalt nicht mehr zur Verfügung. Zur Lösung dieses "Monatsanfangsproblems" bestimmte der Gesetzgeber durch Gesetz vom 12.4.2011 (BGBl I S. 615), dass bei der Pfändung künftiger Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto eingehende Zahlungen erst nach Ablauf des Folgemonats an den Gläubiger ausgekehrt werden dürfen (§ 835 Abs. 4 ZPO n.F.). Nach dem Inhalt des in § 850k Abs. 1 ZPO neu eingefügten Satzes 2 (der bisherige Satz 2 wurde unverändert zu Satz 3) gehört das so gesperrte Guthaben zu dem Guthaben nach § 850k Abs. 1 Satz 1 ZPO, über das der Schuldner in Höhe seines Freibetrags verfügen darf.
Hinweis
Die gesetzliche Neuregelung ist der Beurteilung des vorliegenden Falles zugrunde zu legen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist sie auch anwendbar, wenn die Pfändung erfolgte, bevor die Neuregelung in Kraft trat, sofern der zu beurteilende Sachverhalt zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war (BGH FoVo 2011, 211; BGH NZI 2011, 717).
Übertragung in den übernächsten Monat möglich
Guthaben, das aufgrund der Regelung in § 835 Abs. 4 ZPO erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Monats an den Gläubiger geleistet werden darf, kann unter den Voraussetzungen des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO in den hierauf folgenden Monat, somit in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang, übertragen werden und erhöht in diesem Monat den Pfändungsfreibetrag.
Das leitet der BGH nicht unmittelbar aus dem Wortlaut ab
Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Nach § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO gehört das nach § 835 Abs. 4 ZPO gesperrte Guthaben zu dem Guthaben im Sinne des § 850k Abs. 1 S. 1 ZPO, über das der Schuldner im Folgemonat im Rahmen seines Freibetrags verfügen darf. Eine ausdrückliche Verknüpfung des gesperrten Guthabens mit der Übertragungsmöglichkeit nach § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO enthält das Gesetz nicht.
Aber: Sinn und Zweck sind beachtlich
Die Anwendbarkeit der Regelung in § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO auf das nach § 835 Abs. 4 ZPO gesperrte Guthaben folgt aber aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung. Die durch § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO geschaffene Möglichkeit, im Falle eines nicht ausgeschöpften Freibetrags das betreffende Guthaben pfändungsfrei in den folgenden Monat zu übernehmen, soll den Schuldner in die Lage versetzen, in begrenztem Umfang Guthaben anzusparen, um auch solche Leistungen der Daseinsvorsorge bezahlen zu können, die nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen zu vergüten sind (BT-Drucks 16/7615, S. 13, 18 f.). Die Auszahlungssperre des § 835 Abs. 4 ZPO bis zum Ablauf des Folgemonats bezweckt hingegen zusammen mit der Regelung in § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO, dass Zahlungseingänge dem Schuldner tatsächlich in dem Zeitraum zur Verfügung stehen, für den sie bestimmt sind. Der Schuldner soll nicht dadurch schlechter stehen, dass ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erst in dem Monat, für den die Leistungen gedacht sind, sondern bereits im Vormonat überwiesen werden. Er kann deshalb noch im Monat nach dem Leistungsempfang über das dadurch gebildete Guthaben im Rahmen seines Freibetrags verfügen (BT-Drucks 17/4776, S. 8 f).
Schuldner soll sparen dürfen
Soll mithin ein Guthaben, das aus Gutschriften im Vormonat herrührt, einem Guthaben aus Gutschriften im laufenden Monat gleichstehen, weil der Schuldner aus der Auszahlung im Vormonat keinen Nachteil erleiden soll, dann darf auch bezüglich der Möglichkeit, Guthaben pfändungsfrei in den nachfolgenden Monat zu übertragen, kein Unterschied bestehen. Verweigerte man dem Schuldner, der seine Einkünfte bereits im Vormonat erhält, die Möglichkeit, Guthaben nach Maßgabe des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO anzusparen, wäre er gegenüber dem Schuldner, der die Leistung in dem Monat erhält, für den sie bestimmt ist, in einer Weise benachteiligt, für die kein rechtfertigender Grund erkennbar ist.
Kein Widerspr...