Leitsatz
1. Der eventuelle Schadensersatzanspruch eines Prozessbeteiligten gegen seinen Prozessbevollmächtigten (wegen von vornherein offensichtlich keinen Erfolg versprechender Rechtsverfolgung/-verteidigung) kann durch den Prozessgegner – aus dem zu dessen Gunsten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss – entsprechend §§ 851, 852 ZPO, 399 BGB nur gepfändet werden, wenn der Prozessbeteiligte selbst diese Schadensersatzansprüche geltend macht oder den Prozessgegner hierzu ermächtigt.
2. Die Einrede der beschränkten Minderjährigenhaftung gemäß § 1629a BGB kann auch gegenüber einem Kostenfestsetzungsbeschluss geltend gemacht werden, wenn der Minderjährige sich die entsprechende Einrede nicht bereits im Hauptsacheverfahren vorbehalten hat und entsprechend hat tenorieren lassen.
OLG Koblenz, 27.5.2015 – 2 U 894/14
1 I. Der Fall
Anspruch aus anwaltlicher Falschberatung des Gegners
Mit seiner Klage nimmt der Kläger als Insolvenzverwalter die Beklagten auf Schadensersatz wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung in Anspruch. Der Insolvenzschuldner war Eigentümer diverser Grundstücke. Im Jahr 2009 übertrug er das Eigentum an diesen auf seine drei minderjährigen, in den Jahren 2001, 2002 und 2008 geborenen Kinder (im Folgenden: die Kinder).
Insolvenzanfechtung im Ausgangsverfahren
Hinsichtlich dieser Eigentumsübertragung machte der Kläger in der Folgezeit Insolvenzanfechtungsansprüche gegenüber den Kindern geltend. Diese wurden seinerzeit von der Beklagten zu 1) vertreten, deren vertretungsberechtigte Gesellschafter die Beklagten zu 2) und 3) sind. Im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz bot der Kläger den Kindern einen Vergleich dahingehend an, dass die Kinder ihm gegenüber ein Angebot auf Veräußerung der Grundstücke mit der Maßgabe abgeben sollten, dass er, der Kläger, Käufer und Kaufpreis bestimmen könne und ihm, dem Kläger, zum Zwecke der Veräußerung eine unwiderrufliche Verkaufsvollmacht seitens der Kinder erteilt werde. Ein entsprechender Vergleich kam jedoch nicht zustande.
Kostentragung des Anfechtungsgegners
Vor diesem Hintergrund beantragte und erhielt der Kläger vor dem LG gegen die Kinder den Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums an den Grundstücken. Den Kindern wurden die Verfahrenskosten zu je 1/3 auferlegt. Auf den Widerspruch der Beklagten zu 1) wies das Gericht darauf hin, dass der Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg habe. Eine Zurücknahme des Widerspruchs erfolgte nicht, so dass die einstweilige Verfügung aufrechterhalten wurde und den Kindern als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Durch Kostenfestsetzungsbeschlüsse wurden die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten bzw. Gerichtskosten auf 1.599,71 EUR bzw. 588,00 EUR festgesetzt.
Hauptsache und Berufung ohne Erfolg
Im Hauptsacheverfahren wurde den Kindern PKH verweigert und nach einem Hinweis auf die fehlende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die von den Kindern zu erstattenden Kosten wurden auf 2.412,61 EUR bzw. 1.020,00 EUR festgesetzt. Die Berufung der Kinder wurde auf einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen.
Zwangsvollstreckung erfolglos
Nachdem die vom Kläger betriebene Zwangsvollstreckung gegen die Kinder aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen fruchtlos verlief, erwirkte er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinsichtlich etwaiger Schadensersatzforderungen der Kinder gegen die Beklagten aufgrund anwaltlicher Falschberatung und forderte die Prozessbevollmächtigte – erfolglos – zur Zahlung auf. Die Einziehungsklage blieb vor dem LG erfolglos.
2 II. Die Entscheidung
§ 1629a BGB verhindert Vermögensschaden
Der Senat teilt die landgerichtliche Auffassung, dass den Kindern des Schuldners als vormaligen Mandanten der Beklagten bislang kein Schaden erwachsen sei und auch nicht drohe, da sie einer künftigen Inanspruchnahme die Einrede der beschränkten Minderjährigenhaftung gemäß § 1629a BGB entgegenhalten könnten, worauf sich hier auch die Beklagten berufen können. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs der Kinder gegen die Beklagten wäre, dass neben einer schuldhaften anwaltlichen Pflichtverletzung (über welche hier erforderlichenfalls noch hätte Beweis erhoben werden müssen) bei den Kindern eine Vermögensverschlechterung eingetreten wäre, wofür ausreichen würde, wenn sie dauerhaft der aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen drohenden Vollstreckungsgefahr ausgesetzt wären. Aktuelle Vollstreckungsversuche des Klägers sind indes erfolglos geblieben und gegenüber künftigen können sich die Kinder dauerhaft auf § 1629a BGB berufen, zumal keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vorgebracht sind, dass die Kinder bis zum Eintritt der Volljährigkeit noch Vermögen erwerben könnten, welches eine Vollstreckungsmöglichkeit eröffnen würde.
Die Beklagten sind auch keine Dritten im Sinne des § 1629a Abs. 3 BGB, da der Kläger nicht wahlweise auf die Beklagten als Mitschuldner oder...