Leitsatz
Der Wert einer Vollstreckungsgegenklage bemisst sich grundsätzlich nach dem Nennbetrag des vollstreckbaren Hauptanspruchs. Die titulierten Zinsen und Kosten erhöhen den Streitwert nicht. Das gilt auch dann, wenn sich die Vollstreckungsgegenklage nicht nur gegen die Vollstreckung aus einem Urteil, sondern auch gegen die Vollstreckung aus einem in diesem Verfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss richtet.
BGH, 22.10.2015 – IX ZR 115/15
1 I. Der Fall
Streit um den Zuständigkeitsstreitwert
Der Kläger will mit der Vollstreckungsgegenklage die Vollstreckung aus einem Urteil des LG und aus zwei in diesem Verfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen nebst Zinsen verhindern. In erster Instanz hatte seine Klage Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger frist- und formgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Um die Nichtzulassungsbeschwerde begründen zu können, beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
2 II. Die Entscheidung
Mindestwert von 20.000 EUR nicht erreicht
Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist dem Kläger nicht zu gewähren, weil seine beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nämlich gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht zulässig, weil der Wert der mit ihr geltend gemachten Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt. Der Wert einer Vollstreckungsgegenklage bemisst sich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. In diesem Umfang entscheidet der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs einschließlich etwaiger Rückstände ohne Zinsen und ohne Kosten des Vorprozesses (§§ 3, 4 ZPO). Dabei ist der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit anzusetzen.
Wert des KFB unerheblich
Insbesondere erhöht ein neben der Hauptsache mit der Vollstreckungsgegenklage angefochtener Kostenfestsetzungsbeschluss den Wert nicht (OLG Celle OLGR 2009, 834; BGH WM 1956, 144) Das ist auch schon zur Klage aus § 826 BGB entschieden (BGH NJW 1968, 1275) und wird auch in der Literatur so gesehen (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort Vollstreckungsabwehrklage; MüKo-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn 130, § 4 Rn 24). Damit liegt hier der Wert der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde unter 20.000 EUR, denn das Urteil des LG, dessen Vollstreckung der Kläger verhindern will, lautet im Nennbetrag auf 11.952,52 EUR.
3 Der Praxistipp
Allgemeine Regeln auch im Vollstreckungsrecht
Die Grundsätze des BGH gelten nicht nur für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwertes, sondern auch für diejenige des Gebührenstreitwertes. Auszugehen ist von § 3 ZPO, der bei Zahlungsforderungen auf den Nennbetrag des Zahlungsanspruchs abstellt, d.h. grundsätzlich auch Zinsen und Kosten umfasst. § 3 ZPO wird allerdings durch § 4 ZPO eingeschränkt, nach dem Nebenforderungen, d.h. die Zinsen und Kosten außer Betracht bleiben. § 25 RVG, der für die Zwangsvollstreckung auf die Gesamtforderung abstellt, ist nicht einschlägig, weil die Vollstreckungsgegenklage eine zumindest in Betracht kommende Zwangsvollstreckung als Ausgangspunkt hat, jedoch nicht selbst Teil der Zwangsvollstreckung ist. Die Entscheidung des BGH minimiert somit das Kostenrisiko von Schuldner und Gläubiger, allerdings zu Lasten des betriebswirtschaftlichen Interesses der Rechtsdienstleister.
FoVo 2/2016, S. 31 - 32