BGH hilft dem Gläubiger bei der Beweislast
Wer den Sachverhalt liest, der kann erfassen, in welcher Not die Gläubigerin sich sieht. Die Vollstreckung soll ersichtlich ver- oder jedenfalls behindert werden. Aber der BGH hilft und ändert die Entscheidung der Vorinstanzen. Die Feststellungen des LG tragen die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Gläubigerin nicht. Die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um das Bestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Zustellung zu beurteilen.
Hinweis
Der BGH hat dazu in einem Parallelverfahren zwischen den gleichen Parteien entschieden, dass sich aus dem bürgerlichen Recht ergibt, ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne von § 171 ZPO ist. Steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich darauf beruft (BGH NJW-RR 2017, 58).
Der Gläubiger kann sich schützen
Aus dieser Sicht der Dinge folgt, dass der Grundpfandgläubiger sich schon bei der Bestellung der Sicherheit schützen kann, in dem er für den jeweiligen Eigentümer des Grundbesitzes nur bedingt widerruflich einen Zustellungsbevollmächtigten bestimmen lässt und einen Widerruf nur für den Fall zulässt, dass in gleicher Weise ein anderer Zustellungsbevollmächtigter bestellt wird.
BGH hilft dem Gläubiger bei der Heilung
Kann die Unwirksamkeit der durch widerrufene Vollmacht vermittelten Zustellung in dieser Weise vom Schuldner nachgewiesen werden, ist der Gläubiger gehalten, die Zustellung des Vollstreckungstitels als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung erneut zu versuchen. Das hatte die Gläubigerin im konkreten Verfahren versucht, ohne dass der BGH dies berücksichtigen durfte. Er hat zu dieser Prüfung die Sache zurückverwiesen. Allerdings war das nur deshalb erheblich, weil eine Heilung des Zustellungsmangels relevant war. Das ist bisher nicht unumstritten gewesen.
Mangel der Zustellung macht Vollstreckung nur anfechtbar
Die gegen die Möglichkeit einer Heilung gerichteten Bedenken sind unbegründet. Fehlt es bei der Anordnung des Zwangsverwaltungsverfahrens an einer wirksamen Zustellung des Vollstreckungstitels, kann der Mangel durch Nachholung der Zustellung geheilt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung weiterhin vorliegen (BGH NJW-RR 2013, 18; ebenso für Mängel der Zustellung des Anordnungsbeschlusses, BGHZ 187, 344). Insoweit gilt nichts anderes als im Zwangsversteigerungsverfahren (BGH NJW-RR 2014, 400 Rn 7 m.w.N.).
Allgemein macht die entgegen § 750 Abs. 1 ZPO fehlende Zustellung eine Vollstreckungsmaßnahme nur anfechtbar, und zwar gerade deshalb, weil ein solcher Mangel durch Nachholung der Zustellung geheilt werden kann; für die Heilung kann gemäß § 189 ZPO sogar der tatsächliche Zugang ausreichen.
Hinweis
Diese Sicht des BGH kann dafür sprechen, neben der förmlichen Zustellung auch andere Übersendungsformen mit Zugangsnachweis wie etwa ein Einschreiben mit Rückschein oder ein Einwurf-Einschreiben zu wählen. Gerade in der Immobiliarzwangsvollstreckung steht der (geringe) Mehraufwand in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Sache.
Schuldner ist durch die nachträgliche Heilung nicht beeinträchtigt
Mit der Vornahme der Zustellung ist der Grund für die Aufhebung des Verfahrens entfallen. Rechte des Schuldners werden hierdurch regelmäßig nicht beeinträchtigt. Die diesbezüglichen Erwägungen zum Verfahren der Zwangsversteigerung (BGH NJW-RR 2008, 1018) gelten im Verfahren der Zwangsverwaltung gleichermaßen; die Nachholung der Zustellung versetzt den Schuldner in die Lage, die bereits angeordnete Zwangsverwaltung zu prüfen und Fehler zu beanstanden. Nur wenn die Zustellung an den Gesellschafter in Mexiko nicht wirksam sein sollte, käme es auf die Wirksamkeit der an O. erfolgten Zustellung an. Gegebenenfalls wird das LG erneut überprüfen müssen, ob während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam an den Gesellschafter in Israel zugestellt worden ist.
Hinweis
Was dem Schuldner jedenfalls gelungen ist, ist die Verzögerung des Verfahrens. Der Gläubiger ist deshalb in jedem Fall gehalten, die Zustellung bei kleinsten Einwendungen zumindest hilfsweise erneut zu veranlassen.
FoVo 2/2017, S. 30 - 32