Vermögensverschiebungen unter Ehegatten
Eine ganz alltägliche Situation macht im Forderungsmanagement die immer wieder gleichen Probleme. Einer von zwei Ehegatten geht eine Verpflichtung ein. Ihm werden dann auch Rechnung, Mahnung, Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid übersandt oder zugestellt. In der späteren Vollstreckung stellt sich dann heraus, dass der Titelschuldner weder über hinreichendes Arbeitseinkommen noch über Vermögen verfügt. Sehr wohl könnte aber der Ehegatte des Titelschuldners die Forderung aufgrund seines Einkommens oder Vermögens ausgleichen. Nun beginnt die Suche, ob Vermögensverschiebungen stattgefunden haben und diese anfechtbar sind oder sonst vollstreckungsrechtlich bekämpft werden können.
Mithaftung des Ehegatten prüfen
Dieses Problem ließe sich in einer Reihe von Fällen vermeiden, wenn schon bei der Rechnungsstellung, spätestens nach dem nicht erfolgten Rechnungsausgleich die Weichen richtig gestellt worden wären. Schon in diesem frühen Stadium muss geprüft werden, ob der Schuldner verheiratet ist und ggf. nach § 1357 BGB eine Mithaftung des Ehegatten in Betracht kommt.
Hinweis
Die notwendigen Informationen ergeben sich aus einer erweiterten Melderegisterauskunft nach § 21 MRRG ab dem 1.11.2015, § 45 Bundesmeldegesetz (BMG). Auch im Personenstandsregister können nach § 62 PStG entsprechende Informationen abgefragt werden. Das berechtigte Interesse ergibt sich aus dem Verweis auf die Forderung und die Möglichkeit der Mithaftung nach § 1357 BGB.
War der Schuldner zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit verheiratet, müssen die Rechnung und die nachfolgenden Maßnahmen der Forderungsbeitreibung gegen beide Ehegatten gerichtet werden. Mögliche Vermögensverschiebungen der Ehegatten untereinander bleiben dann wirkungslos. Die Probleme in der Zwangsvollstreckung werden vermieden.
Von § 1357 BGB werden grundsätzlich alle Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfes erfasst. Die Kasuistik in der Rechtsprechung ist dabei breit.
§ 1357 BGB im Wortlaut: Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfes
(1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
(2) Ein Ehegatte kann die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder Ausschließung kein ausreichender Grund, so hat das Familiengericht sie auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412.
(3) Abs. 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.
Im Kern betrifft § 1357 BGB solche Geschäfte, bei denen sich die Ehegatten nach ihrem konkreten Lebenszuschnitt in der Regel nicht mehr gesondert verständigen. Allerdings kann diese Formel nach der Rechtsprechung des BGH auch zu eng sein (BGH NJW 1985, 1394). Entscheidender ist, dass es um die Deckung des "angemessenen" Lebensbedarfes geht. In diesem Umfange ist also zu unterstellen, dass der eine Ehegatte damit einverstanden ist, durch den anderen Ehegatten mit berechtigt und verpflichtet zu werden. Die Ehe wird damit zur Rechts- und Haftungsgemeinschaft. Es handelt sich um eine besondere Form der Stellvertretung des nicht handelnden Ehegatten durch den Handelnden (§§ 164 Abs. 1 S. 1, 1357 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies gilt sowohl für den Fall, dass der handelnde Ehegatte erkennen lässt, dass er verheiratet ist oder eben auch nicht (Palandt-Brudermüller, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1357 Rn 3 für beide Alternativen). Unerheblich bleibt auch, ob der handelnde Ehegatte ausdrücklich als Vertreter des anderen Ehegatten gehandelt hat. § 1357 BGB ist in dieser Situation geeignet, die Regelung des § 164 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach grundsätzlich der Vertretene und nicht der Vertreter verpflichtet wird, zu verdrängen (BGH NJW 1985, 1394). Eine derartige Ausnahme von der Mitverpflichtung kann in Fällen, in denen ein Ehegatte ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie im Namen des anderen Ehegatten abschließt, nur angenommen werden, wenn der Ausschluss der eigenen Mitverpflichtung eindeutig offengelegt wird (so auch Büdenbender, FamRZ 76, 662; Käppler, AcP 179, 245). Im Allgemeinen besteht kein Anlass, an der Angemessenheit eines zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie geschlossenen Rechtsgeschäfts zu zweifeln, wenn es erkennbar auf einer im Einzelfall erfolgten Abstimmung beider Ehegatten beruht. Vor allem tritt dann die Notwendigkeit zurück, den mit dem Abschluss eines solchen Geschäfts einverstandenen Ehegatten vor einer Inanspruchnahme daraus zu bewahren und das möglicherweise bestehende Vertrauen des Geschäftspartners auf eine Mithaftung des Ehegatten zu enttäuschen. Eine Reduktion der Vorschrift auf einen kleineren Anwendungsbereich, als er sich aus dem Wortlaut des § 1357 Abs. 1 BGB (i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB) er...