Leitsatz
Auch wenn der Schuldner zunächst Bareinzahlungen geleistet hat, sind die nachfolgenden Barauszahlungen auf den monatlichen Freibetrag des P-Kontos begrenzt.
AG Salzwedel, Beschl. v. 24.1.2016 – 35 M 457/14
1 I. Der Fall
Kreditinstitut verweigert hohe Barauszahlungen
Die Schuldnerin hatte von ihrem als P-Konto geführten Girokonto Barabhebungen vorgenommen, die die Grenze des eingeräumten monatlichen Freibetrages erreichten. Das Kreditinstitut hat daraufhin weitergehende Auszahlungen verweigert. Hiergegen hat die Schuldnerin Erinnerung eingelegt.
2 II. Die Entscheidung
Barauszahlungen haben eine Grenze
Die Erinnerung der Schuldnerin wurde zurückgewiesen. Wer als Schuldner von seinem als P-Konto geführten Girokonto Barabhebungen in einer Größenordnung vornimmt, die die Grenze des eingeräumten monatlichen Freibetrages erreicht, hat gegenüber der Drittschuldnerin (kontoführende Bank) keinen weiteren Verfügungsanspruch für den laufenden Monat, weil der monatliche Pfändungsfreibetrag bereits erreicht wurde.
Bareinzahlung rechtfertigt keine höhere Barabhebung
Dies gilt auch dann, wenn die Schuldnerin zuvor Bareinzahlungen auf das P-Konto geleistet hat. Es wäre der Schuldnerin unbenommen gewesen, den Barbetrag für den laufenden Lebensunterhalt für sich und ihre Familie einzusetzen.
Vorliegend ist der Schuldnerin darüber hinaus durch den Beschluss des AG über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ausreichend entgegengekommen worden, weil sie mit der Entscheidung Mittel für die Überbrückung des Monats November 2016 erhalten hat.
3 Der Praxistipp
Unzutreffendes Rechtsmittel
Das AG hat die Eingabe der Schuldnerin als Erinnerung nach § 766 ZPO behandelt. Das begegnet Zweifeln. Dem Vollstreckungsorgan wurde kein Verfahrensfehler bei der Pfändung des Kontoguthabens nach § 833 ZPO vorgeworfen. Der Pfändungsfreibetrag stand ebenfalls nicht zur Diskussion. Auch hat die Schuldnerin keinen Schutzantrag nach § 850k Abs. 4 ZPO gestellt. In Betracht kam deshalb nur die Leistungsklage gegen den Drittschuldner oder aber ein Antrag nach § 765a ZPO.
Richtige Sachentscheidung
In der Sache hat das AG richtig gesehen, dass dem Gläubiger alle Mittel des Schuldners zustehen, die den Pfändungsfreibetrag nach § 850k ZPO übersteigen. Die Quelle der Mittel ist unerheblich. Eine besondere Härte der Zwangsvollstreckung, die gegen die guten Sitten verstößt, ist nicht zu sehen. Die Schuldnerin hat eine besondere Zweckbindung der ihr zur Verfügung stehenden Barmittel nicht behauptet. Vielmehr standen ihr die Barmittel zum Unterhalt zur Verfügung.
Woher stammen die Barmittel?
Von besonderem Interesse für den Gläubiger ist allerdings, woher die Barmittel der Schuldnerin stammen. Grundsätzlich kann der Gläubiger nämlich auch auf die Quelle zugreifen. Nach dem Sachverhalt ist nicht ausgeschlossen, dass die Schuldnerin dem Gläubiger die Einkunftsquelle bisher verschwiegen hat. Über eine erneute Vermögensauskunft nach § 802d ZPO kann der Gläubiger hier weitere Auskünfte verlangen.
FoVo 3/2017, S. 56 - 57