I. Das Problem
Teilweise Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen
In der FoVo wurde schon mehrfach dargestellt, dass nach der Pfändung von Arbeitseinkommen ein Antrag auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen gestellt werden kann. Hiermit agieren wir auch durchaus erfolgreich. Ein Problem ergibt sich für uns allerdings, wenn das Gericht anordnet, dass die unterhaltsberechtigte Person nur teilweise nicht berücksichtigt wird.
So hatten wir einen Fall, in dem das Gericht angeordnet hat, dass die Ehefrau des Schuldners zu 50 % bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht zu berücksichtigen ist. Diese verfügte über ein eigenes Arbeitseinkommen von 256 EUR. Der Schuldner wiederum hatte ein Arbeitseinkommen von 1.662,33 EUR.
Wie ist in diesen Fällen der tatsächlich pfändbare Betrag zu bestimmen? Ein Rückgriff auf die Tabelle zu § 850c ZPO erscheint mir dann ja nicht möglich.
II. Die Lösung
Den Pfändungserfolg vergrößern
Die von der Leserin geschilderte Fallkonstellation kommt gar nicht so selten vor. Die Familie hat einen Hauptverdiener, den Schuldner, während andere gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen nur einen Nebenverdienst erzielen.
Hinweis
Ausgehend von einer unterhaltsberechtigten Person führt schon der Nettolohn von 1.662,33 EUR zu einem pfändbaren Betrag von 49,75 EUR monatlich. Wäre keine unterhaltsberechtigte Person vorhanden, wären sogar 368,34 EUR pfändbar. Der Ertrag eines Antrages auf Nichtberücksichtigung einer unterhaltsrechtlichen Person liegt also in diesem Rahmen.
Dafür muss gerechnet werden
Da die Tabelle zu § 850c ZPO nur die Berücksichtigung ganzer unterhaltsberechtigter Personen zulässt, muss nun tatsächlich anhand der Einzelschritte des § 850c ZPO gerechnet werden. Zu beachten ist:
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Auszugehen ist nach § 850e Abs. 1 Nr. 1 ZPO vom Nettolohn. |
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Dieser ist nach § 850c Abs. 3 ZPO auf volle 10 EUR zu runden. |
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Dem Schuldner steht dann ein Pfändungsfreibetrag von 1.133,80 EUR zu. |
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Der Ehefrau als erster unterhaltsberechtigter Person steht grundsätzlich ein Pfändungsfreibetrag von 426,71 EUR nach § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO zu, der aufgrund ihrer 50%igen Nichtberücksichtigung zu halbieren ist. |
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Soweit sich nach der Berücksichtigung der Pfändungsfreibeträge nach § 850c Abs. 1 ein Überschuss ergibt, sind nach § 850c Abs. 2 ZPO davon weitere Teile für den Schuldner (3/10 = 30 %), die erste unterhaltsberechtigte Person (2/10 = 20 %) sowie für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person (je 1/10 = 10 %) pfändungsfrei. Auch diese zusätzlichen Teile sind nur mit dem Anteil zu berücksichtigen, mit dem die unterhaltsberechtigte Person noch zu berücksichtigen bleibt, hier also 50 % von 2/10. |
Es ergibt sich nachfolgendes Berechnungsschema:
Nettolohn des Schuldners |
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1.662,33 EUR |
abgerundet auf volle 10 EUR |
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1.660,00 EUR |
abzüglich des Pfändungsfreibetrages des Schuldners nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO |
./. |
1.133,80 EUR |
abzüglich 50 % des Freibetrages der Ehefrau nach § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO (50 % von 426,71 EUR : 2) |
./. |
213,36 EUR |
verbleiben |
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312,84 EUR |
vom überschießenden Betrag sind für den Schuldner 3/10 = 30 % pfändungsfrei nach § 850c Abs. 2 S. 1 ZPO |
./. |
93,85 EUR |
vom überschießenden Betrag sind für die erste unterhaltsberechtigte Person weitere 2/10 = 20 % pfändungsfrei nach § 850c Abs. 2 S. 1 ZPO. |
verbleiben |
verbleiben |
Da die Ehefrau aber nur zur Hälfte zu berücksichtigen ist, sind auch hier nur weitere 10 % (= 50 % von 20 %) zu berücksichtigen |
./. |
31,28 EUR |
Pfändbar damit |
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187,71 EUR |
Ein Antrag, der sich gelohnt hat
Der Fall zeigt, dass sich der Antrag auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen nach § 850c Abs. 4 ZPO lohnt. Statt 49,75 EUR sind nun 187,71 EUR pfändbar, d.h. 137,96 mehr. Eine Steigerung um 377 %!
Hinweis
Das Beispiel zeigt auch, dass eine einfache Halbierung des Pfändungsfreibetrages von 368,34 EUR, wenn keine unterhaltsberechtigte Person vorhanden ist, nicht zum richtigen Ergebnis führt. In diesem Fall wären 184,17 EUR, und damit weniger als vorstehend berechnet, pfändbar.
Das ganze etwas komplizierter
Das Ganze kann auch in komplexeren Fällen mit dem Schema durchgerechnet werden und zu einem erheblichen Ertrag führen.
Beispiel
Der Schuldner verdient wie im Fall der Leserin 1.662,33 EUR. Er ist verheiratet, wobei die Ehefrau einer Nebenbeschäftigung nachgeht und 350 EUR monatlich verdient. Sie haben einen 16-jährigen Sohn, der gerade eine Ausbildung begonnen hat und hier 400 EUR monatlich verdient.
Das Vollstreckungsgericht geht davon aus, dass eine unterhaltsberechtigte Person im Haushalt des Schuldners nicht zu berücksichtigen ist, wenn diese über eigenes Einkommen von 500 EUR monatlich verfügt. Ausgehend von diesen Grundsätzen ordnet es an, dass die Ehe frau zu 70 % (500 * 70 % = 350 EUR) nicht zu berücksichtigen ist (also zu 30 % zu berücksichtigen) und der Sohn zu 80 % nicht zu berücksichtigen ist (500 * 80 % = 400 EUR).
Im Beispielsfall ergäbe sich bei zwei unterhaltsberechtigten Personen kein pfändbarer Betrag. Das sieht nach dem Ant...