Ansprüche aus dem Auftragsverhältnis
Ergibt sich aus den Erkenntnissen des Gläubigers, dass der Schuldner seinen Bargeldzahlungsverkehr ganz oder teilweise über das Konto eines Dritten abwickelt, hat dies eine materiell-rechtliche, nämlich vertragliche Seite. Der Dritte, im Fall des Lesers der Vater des Schuldners, wird für diesen tätig, indem er dessen Einkünfte vereinnahmt. Mangels konkreter sonstiger vertraglicher Abreden handelt es sich insoweit um ein Auftragsverhältnis im Sinne von § 662 BGB, da der Dritte – im Fall also der Vater – für den Schuldner regelmäßig unentgeltlich tätig wird.
Gepfändet wird der Herausgabeanspruch
Der Auftragnehmer – im vorliegenden Fall also der Vater – ist nach § 667 BGB verpflichtet, dem Auftraggeber – also dem Schuldner – alles herauszugeben, was er in Ausführung des Auftrages erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Letzteres sind die zugunsten des Schuldners erfolgten Gutschriften auf dem Konto des Auftraggebers. Dieser Herausgabeanspruch nach § 667 BGB kann mit dem verbindlichen Formular zur Zwangsvollstreckungsformularverordnung gepfändet werden (siehe dazu die Arbeitshilfe in diesem Heft).
Hinweis
Obwohl der bargeldlose Zahlungsverkehr des Dritten über ein Kreditinstitut abgewickelt wird, wird nicht das genutzte Konto bei dem Kreditinstitut gepfändet, sondern der Herausgabeanspruch nach § 667 BGB mit dem Kontoinhaber, im Fall also dem Vater, als Drittschuldner.
Der Drittschuldner als Treuhänder
Nutzt der Vater das Konto auch für sich, kann sich die Herausgabepflicht auf den Herausgabeanspruch hinsichtlich der empfangenen einzelnen Zahlungen nach § 667 BGB beschränken. Möglich ist aber auch, dass es sich tatsächlich um ein Konto des Schuldners handelt, für den der Vater nur den Namen hergegeben hat. Dies kann der Gläubiger regelmäßig nicht wissen. Für diesen Fall stehen dem Schuldner aber nicht nur die Ansprüche auf eingehende Zahlungen zu, sondern auch Ansprüche auf Kreditmittel, etwa aus einem vereinbarten Dispositionskredit, soweit dieser abgerufen wird. Diese weitergehende Konstellation ist bei der Pfändung zu berücksichtigen.
Andere vertragliche Abreden sind möglich
Selbstverständlich können zwischen dem Schuldner und dem Dritten (Vater) auch andere vertragliche Abreden bestehen. Es sind deshalb auch vertragliche Herausgabeansprüche aus unentgeltlicher wie entgeltlicher Geschäftsbesorgung zu berücksichtigen. Da der Gläubiger die konkrete Ausgestaltung der Abrede nicht kennt, die Forderung aber auch nur insoweit bestimmt sein muss, dass Schuldner und Drittschuldner diese eindeutig identifizieren können, ist das zulässig. Gepfändet wird nur der angebliche Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner.
Informationsmöglichkeiten nutzen
Der Gläubiger hat unterschiedliche Möglichkeiten, in Erfahrung zu bringen, ob der Schuldner das Konto eines Dritten nutzt:
Vermögensauskunft
Zunächst hat der Schuldner hierüber in der Vermögensauskunft Rechenschaft abzulegen. In dem neuen bundeseinheitlichen Vordruck für die Vermögensauskunft wird ausdrücklich auch nach der Nutzung von Konten Dritter gefragt. Das hindert den Gläubiger allerdings nicht, den Gerichtsvollzieher auch noch einmal ausdrücklich auf diese Frage hinzuweisen.
Vermögensauskunft Dritter
Hat der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft unberechtigt verweigert oder ohne zugriffsfähiges Vermögen in den letzten beiden Jahren abgegeben (§ 882c Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO), so kann der Gläubiger nach § 802l ZPO beim Gerichtsvollzieher die Einholung einer Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern beantragen, wenn zugleich die zu vollstreckende Forderung größer als 500 EUR ist. Die Auskunft erfasst nicht nur die Konten, bei denen der Schuldner Inhaber ist, sondern auch solche Konten, bei denen er lediglich Verfügungsberechtigter ist.
Zahlungsverkehr
Hat der Gläubiger zuletzt oder in der Vergangenheit einen Ratenzahlungsvergleich abgeschlossen, sollte kontrolliert werden, von welchem Konto die Raten gezahlt wurden. Auch hier zeigt sich nicht selten, dass die Raten vom Konto eines Dritten gezahlt werden. Geschieht dies regelmäßig, drängt sich der Eindruck auf, dass der Schuldner das Konto des Dritten insgesamt zur Abwicklung seines bargeldlosen Zahlungsverkehrs nutzt.
Lohnabrechnung
Wurde in der Vergangenheit eine Lohnpfändung ausgebracht, sollte auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des BGH (v. 19.12.2012, VII ZB 50/11, FoVo 2013, 56) eine neue Lohnabrechnung vom Drittschuldner gefordert werden. Hier ist regelmäßig das Gehaltskonto verzeichnet und auch der Dritte als Inhaber bezeichnet, wenn es sich um eine vom Schuldner abweichende Person handelt.
Kontaktaufnahme und Selbstauskunft
Im Rahmen der telefonischen oder persönlichen (Außendienst) Kontaktaufnahme sollte der Mitarbeiter stets danach fragen, ob ein eigenes oder ein fremdes Konto genutzt wird. Dass kann bei Ratenzahlungsvereinbarungen auch im Zusammenhang mit der Frage nach einer Einziehungsermächtigung geschehen.
FoVo 4/2014, S. 65 - 67