Leitsatz
Mit § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG sollten die Vollstreckungsmöglichkeiten aus Titeln, welche regelmäßig den Lebensunterhalt des Gläubigers sicherstellen, gestärkt werden.
Die Grundentscheidung über den Vollstreckungsschutz soll regelmäßig noch in der Instanz getroffen werden, die zunächst allgemein über die Vollstreckbarkeit zu befinden hat, und nicht an den Anfang der neu mit der Sache befassten nächsten Instanz verlagert werden (entspr. Fortgeltung der Grundsätze des § 712 ZPO).
Eine Ausnahme davon besteht nur, wenn die Gründe, auf die der Einstellungsantrag nach § 120 Abs. 2 FamFG gestützt wird, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht noch nicht vorlagen oder aus anderen Gründen nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden konnten.
Diese Grundsätze gelten sowohl in der Tatsachen- als auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, da es jeweils in gleicher Weise nur um die antragsabhängige Prüfung eines glaubhaft zu machenden nicht zu ersetzenden Nachteils geht.
OLG Frankfurt, 12.8.2014 – 6 UF 205/14
1 I. Der Fall
Das AG hat den Antragsgegner zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 1.241 EUR ab 1.6.2014 und von rückständigem Trennungsunterhalt in Höhe von 3.875 EUR nebst Zinsen an die mittellose Antragstellerin verpflichtet. Zugleich hat es gem. § 116 Abs. 3 FamFG auch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Erst nach Verkündung der Entscheidung hat der Antragsgegner die Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 120 Abs. 2 FamFG wegen eines ihm angeblich drohenden nicht zu ersetzenden Nachteils beantragt.
2 II. Die Entscheidung
Wer zu spät kommt, der bestraft sich selbst
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der angefochtenen Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren "nicht in Betracht", wenn in der Vorinstanz kein Antrag auf Vollstreckungsschutz gestellt worden ist; dies gilt auch seit Einführung des FamFG unter fortwährender Heranziehung des Rechtsgedankens aus dem nicht mehr direkt anwendbaren § 712 ZPO weiter (BGH FamRZ 2013, 1299 m.w.N.).
Rechtsmittelverlust gilt auch im Beschwerdeverfahren
Das OLG Frankfurt (FamRZ 2012, 576) hat nicht zuletzt anhand der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Vollstreckungsschutzes in § 120 Abs. 2 FamFG grundlegend ausgeführt, dass der vom BGH ursprünglich für die Revisionsinstanz entwickelte Grundsatz ebenso für das Beschwerdeverfahren in Bezug auf eine gem. § 116 Abs. 3 FamFG sofort wirksame und damit vollstreckbare Entscheidung aus der ersten Instanz anzuwenden ist, es sei denn, die Gründe, auf die der Einstellungsantrag gestützt wird, lagen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht noch nicht vor oder konnten aus anderen Gründen nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden (ebenso OLG Hamm FamRZ 2011, 1678). Dem ist zu folgen: Die Berücksichtigung der Gläubigerinteressen ist nämlich in besonderem Maße bei titulierten Unterhaltsansprüchen von Bedeutung, da die Vollstreckungsmöglichkeiten aus Titeln, welche regelmäßig den Lebensunterhalt des Gläubigers sicherstellen, mit der Regelung des FamFG gestärkt werden sollten, wie aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG deutlich wird.
Auffassung ist aber durchaus umstritten
Folgte man der Gegenauffassung (OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 870; OLG Brandenburg FamRZ 2014, 866 mit insoweit zust. Anm. Griesche, NzFam 2014, 559; OLG Bremen FamRZ 2011, 322), würde die Grundentscheidung über das Zurücktreten der Vorrangigkeit des Vollstreckungsinteresses des Gläubigers regelmäßig an den Anfang der neu mit der Sache befassten nächsten Instanz verlagert, obwohl nach der gesetzgeberischen Intention über den Vollstreckungsschutz, sei es nach § 712 ZPO oder nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG, grundsätzlich in der Instanz entschieden werden soll, die allgemein über die Vollstreckbarkeit zu befinden hat und sich insoweit auch bereits mit der Sach- und Rechtslage ausführlich befassen konnte. Die Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltschuldners in der Hauptsache, die sowieso erstinstanzlich danach gesondert zu prüfenden Voraussetzungen des § 116 Abs. 3 FamFG und schließlich die nur auf Antrag und Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils zu prüfenden Voraussetzungen sind für den Vollstreckungsschutz keineswegs gleichzusetzen, so dass auch eine rein schematische Zurückweisung solcher Anträge des Schuldners nicht zu erwarten wäre.
Argumente der Gegenansicht zurückweisen
Da es sowohl im Beschwerdeverfahren als auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung aus der Entscheidung der Vorinstanz im Wesentlichen nur um die gleich gelagerte antragsabhängige Prüfung eines glaubhaft zu machenden nicht zu ersetzenden Nachteils gem. § 120 Abs. 2 S. 3 FamFG geht, überzeugt die Gegenauffassung auch mit ihrer Differenzierung zwischen Tatsachen- und Rechtsbeschwerdeinstanz nicht. Vielmehr kommt der Rechtsprechung des BGH wegen der Gleichheit der Interessenlage der Beteiligten eine über das Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsve...