AG hat in mehrfacher Hinsicht die Verfassung verletzt
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, da dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
Die erste Ohrfeige: AG entscheidet willkürlich durch unterlassene Berufungszulassung
Das angegriffene Urteil verstößt gegen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür. Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung ist vorrangig das Rechtsstaatsprinzip, aus dem für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten ist. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes beeinflusst die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Hat der Gesetzgeber sich für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar sind eine den Zugang zur Berufung erschwerende Auslegung und Anwendung des hier einschlägigen § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen sind, sich damit als objektiv willkürlich erweisen und dadurch den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar einschränken (BVerfG NJW 2009, 572; BVerfG GRUR 10, 1033). Von objektiver Willkür ist dabei insbesondere dann auszugehen, wenn das Gericht ohne Auseinandersetzung mit der Sach- und Rechtslage eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder deren Inhalt bei Auslegung und Anwendung in krasser Weise missdeutet.
Es galt eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern
Dies ist hier bei der (unterlassenen) Anwendung des § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 Alt. 3 ZPO der Fall. Nach dieser Vorschrift lässt das Gericht des ersten Rechtszugs – bei Streitwerten bis 600 EUR – die Berufung zu, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat (vgl. BT-Drucks 14/4722, S. 93, 104).
Ohrfeige zwei: Inkassokosten sind grundsätzlich erstattungsfähig
Diese Rechtslage hat das AG verkannt. Die Kosten eines Inkassounternehmens können – wenngleich im Einzelnen manches umstritten ist (BGH NJW 2005, 2991 m.w.N.) – nach vielfacher höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur, unbeschadet bestimmter Einschränkungen, grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden (BGH, 24.5.1967 – VIII ZR 278/64; OLG München NJW 1975, 832; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 15; OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 729; OLG Dresden NJW-RR 1996, 1471; OLG Oldenburg JurBüro 2006, 481; Unberath, in: Bamberger/Roth, BeckOK zum BGB, Stand: 1.2.2009, § 286 Rn 74; Ernst, in: MüKo zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn 157 m.w.N.).
Die Schranken: Schadensminderungspflicht
Nach herrschender Meinung anerkannte Einschränkungen sind etwa, dass die Höhe der geltend gemachten Kosten die alternativ bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten nicht übersteigen darf und dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht bereits von vornherein erkennbar zahlungsunwillig gewesen ist. Ersteres hat die Beschwerdeführerin in ihrem Klageantrag beachtet, zu Letzterem hat sie in ihrem Sachvortrag schlüssig Stellung genommen. Trotz Hinweis auf entsprechende höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung seitens der Beschwerdeführerin hat das AG, ohne sich in seinem Urteil erkennbar damit auseinanderzusetzen, hiervon wesentlich abweichend entschieden, indem es die Bemühungen der Inkassounternehmen grundsätzlich als nicht zweckgerecht und damit regelmäßig als gegen die Schadensminderungspflicht verstoßend angesehen hat.
Beauftragung von Inkassounternehmen ist gängige Praxis
Diese – vorliegend auch entscheidungserhebliche – Rechtsfrage betrifft eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten. Die Beauftragung von Inkassounternehmen zur Forderungseinziehung ist gängige Praxis und führt in Einzelfällen, wie bereits die oben zitierten Fundstellen zeigen, immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Da das AG mit seinen Entscheidungsgründen zu erkennen gegeben hat, grundsätzlich anders entscheiden zu wollen, besteht insofern auch eine Wiederholungsgefahr.
Ohrfeige drei: Berufung musste zugelassen werden
Es stand dem AG zwar frei, so zu entscheiden, es hätte dann aber die Berufung zwingend zulassen müssen (BVerfG G...