I. Der Fall
Kombinierter Antrag: gütliche Erledigung und VA
Die Gläubigerin hat dem Gerichtsvollzieher (GV) den Auftrag erteilt, mit dem Schuldner (SU) zunächst eine gütliche Einigung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO zu versuchen und im Falle der Erfolglosigkeit dem SU die Vermögensauskunft (VA) nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 2, 802c ZPO abzunehmen. Im Rahmen des Auftrages heißt es:
"Hat der SU die VA in den letzten zwei Jahren bereits abgegeben, ist das Vermögensverzeichnis (VV) zu übersenden, soweit der SU mit dem Eintragungsgrund nach § 882c Abs. 1 Nr. 3 ZPO im Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde und das VV nicht älter als sechs Monate ist. Liegt die Abgabe länger als sechs Monate zurück, wird nur um Mitteilung des Datums der VA und des Abgabeortes gebeten."
GV weist Antrag wegen unzulässiger Bedingung zurück
Der GV hat den Vollstreckungsauftrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass er mit einer verfahrensmäßig unzulässigen Bedingung versehen sei. Nach neuem Recht sehe der Gesetzgeber gemäß § 802k Abs. 2 ZPO nur noch für den GV bei der privatrechtlichen Vollstreckung die Möglichkeit vor abzufragen, ob eine VA für einen SU vorhanden ist. Unzulässig sei die zeitliche Beschränkung der Erteilung einer Abschrift bezüglich einer bereits geleisteten VA. Für den Gläubiger sei diese Information an keiner Stelle mehr vorgesehen. Für den Fall, dass bereits eine VA vorliege und der SU nicht wegen begründeter wesentlicher Änderungen in den Vermögensverhältnissen erneut eine VA leisten müsse, sei dem Gläubiger zwingend eine Abschrift des VV zu erteilen. Ob die Abschrift erteilt werde, unterliege nicht der Dispositionsbefugnis des Gläubigers, weil der Gesetzgeber an die Erteilung der Abschrift die nicht disponible Rechtsfolge geknüpft habe, dass der SU gemäß § 882c ZPO in das Schuldnerverzeichnis einzutragen sei. Auch eine Auskunft, ob und wann das VV hinterlegt worden sei, sehe das Gesetz nicht vor. Der Gläubiger habe es hinzunehmen, dass er auch ein etwaiges älteres VV erhalte. Dass überhaupt nicht feststehe, ob ein älteres VV vorliege, spiele für die Unzulässigkeit des Antrages keine Rolle, da der Antrag bereits formal unzulässig sei.
II. Die Lösung
GV verkennt die Rechtslage – gütliche Einigung nicht tangiert
Die Weigerung des GV, den erteilten Auftrag auszuführen, ist rechtswidrig und verletzt die Gläubigerin in ihren Rechten. Die Gläubigerin hat zunächst den Auftrag erteilt, mit dem SU die gütliche Erledigung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO zu versuchen. Es ist schon im Ansatz nicht ersichtlich, inwieweit die nur für den erfolglosen Erledigungsversuch und die Negation der Voraussetzungen des § 802c ZPO erteilte Weisung zur Übermittlung eines bereits abgegebenen VV nach § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO diesen Auftrag tangiert. Kommt es zur gütlichen Einigung, entfalten die aufgeworfenen Rechtsfragen keine Bedeutung. Der Antrag durfte vor diesem Hintergrund nicht vollständig zurückgewiesen werden.
Was ist, wenn gar keine VA vorliegt?
Für den Fall, dass eine gütliche Einigung nach § 802b ZPO nicht gelingt, hat die Gläubigerin auf der zweiten Stufe beantragt, dem SU die VA nach § 802c ZPO abzunehmen. Zutreffend weist der GV darauf hin, dass er in diesem Fall zunächst zu prüfen hat, ob der SU die VA nach § 802c ZPO, § 284 AO oder – über § 39 Nrn. 1, 4 EGZPO – nach §§ 807, 900 ZPO bereits in den letzten zwei Jahren (vgl. AG Dresden FoVo 2013, 49; AG Memmingen FoVo 2013, 67; AG Osnabrück FoVo 2013, 68) abgegeben hat. Allein der GV ist dabei nach § 802k ZPO berechtigt, die erforderlichen Informationen bei den zentralen Vollstreckungsgerichten abzufragen. Auch dieser Umstand steht allerdings der Ausführung des erteilten Auftrages unter dem Blickwinkel der Weisung zur Übermittlung eines bereits im maßgeblichen Zeitraum abgegebenen VV nicht entgegen. Ergibt die Abfrage des GV nämlich, dass der SU in den letzten zwei Jahren kein VV vorgelegt hat, kommt es auch in dieser Konstellation auf die Streitfrage nicht an. Der GV ist damit nach §§ 802a Abs. 1, 802c ZPO verpflichtet, zunächst die Voraussetzungen des § 802c ZPO zu prüfen und den Auftrag auszuführen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Auf die Frage der Dispositionsbefugnis des Gläubigers bei der Übermittlung einer bereits abgegebenen VA kommt es nämlich auch dann nicht an.
Auslegung des GV vernachlässigt Wortlaut, Systematik und Zweck
Die Auffassung des GV, dass vom Antragsrecht des Gläubigers nicht umfasst sei zu bestimmen, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen er die – nach Nr. 261 KV GVKostG mit 25 EUR kostenpflichtige – Übermittlung eines bereits abgegebenen VV verlangen möchte, ist unzutreffend. Eine solche Auffassung lässt sich mit Wortlaut, Sinn und Zweck der Gesetzesbegründung sowie der Gesetzgebungsgeschichte und damit den einschlägigen Auslegungsregeln zur gesetzlichen Regelung nicht in Einklang bringen.
Recht auf Abschrift begründet keine Pflicht der Abnahme
Zutreffend weist der GV darauf hin, dass der Gläubiger nach § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Anspruch darauf hat, dass ihm der GV einen Ausdruck...