Leitsatz
1. Die Bestimmung des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ist auch dann anwendbar, wenn der Gläubiger lediglich einen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft gemäß § 802c Abs. 1 S. 1 ZPO und nicht auch einen solchen auf Abnahme einer erneuten Vermögensauskunft gemäß § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO stellt.
2. Der Gläubiger darf einen Zwangsvollstreckungsauftrag auf Abnahme einer Vermögensauskunft gemäß § 802c Abs. 1 S. 1 ZPO unter die Bedingung stellen, dass der Schuldner (SU) nicht innerhalb der Sperrfrist bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat bzw. das Vermögensverzeichnis nicht außerhalb eines von dem Gläubiger in seinem Antrag bezeichneten Zeitraums abgegeben worden ist.
3. Ebenso kann der Gläubiger auf die Übersendung des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses verzichten. Aus § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO folgt keine Pflicht des Gerichtsvollziehers (GV), dem Drittgläubiger das letzte abgegebene Vermögensverzeichnis auch gegen seinen erklärten Willen zuzuleiten.
4. Übersendet der Gerichtsvollzieher dem Drittgläubiger gleichwohl das Vermögensverzeichnis, können Gebühren (Nr. 261 KVGvKostG) hierfür nicht erhoben werden; auch eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ZPO darf dann nicht erfolgen.
5. Hält ein Gerichtsvollzieher einen bedingten Zwangsvollstreckungsauftrag oder einen von dem vollstreckenden Gläubiger erklärten Verzicht auf die Übersendung eines Vermögensverzeichnisses gemäß § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO für rechtlich unzulässig, hat er die Durchführung des Zwangsvollstreckungsauftrags von vorneherein abzulehnen. Führt er den Auftrag gleichwohl aus, liegt eine unrichtige Sachbehandlung vor.
AG Bad Segeberg, 14.2.2014 – 6 M 19/14
1 I. Der Fall
Sachpfändung und Vermögensauskunft
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid wegen einer Gesamtforderung von 833,12 EUR nebst Kosten und Zinsen. Sie beauftragte den GV mit der Zwangsvollstreckung sowie der Abnahme der Vermögensauskunft.
Auf den Wortlaut kommt es an
Der Antrag der Gläubigerin lautet auszugsweise wie folgt: "… werden Sie beauftragt, die aus der Titelabrechnung ersichtlichen Beträge … im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 802a Abs. 2 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 808 ZPO vom Schuldner einzuziehen und ggf. den Titel zuzustellen … Ferner werden Sie – … – beauftragt, von dem/der Schuldner/in die Vermögensauskunft gem. § 802a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 802c ZPO einzuholen. Sofern die Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 ZPO vorliegen, wird beantragt, die Vermögensauskunft abweichend von § 802f ZPO sofort vor Ort abzunehmen. Die Abnahme ist entbehrlich, wenn feststeht, dass der/die Schuldner/in Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht. Sollte der/die Schuldner/in bereits die Vermögensauskunft oder eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, so bitten wir um Rücksendung der Unterlagen an die Gläubigerin unter Angabe des Aktenzeichens/Datums. Eine Abschrift wird ausdrücklich nicht beantragt. Sofern der/die Schuldner/in die Vermögensauskunft abgibt, wird um unverzügliche Zuleitung eines Ausdruckes des Vermögensverzeichnisses direkt an die Gläubigerin gebeten."
Die Schuldnerin hatte bereits am 14.6.2013 die Vermögensauskunft erteilt, was der GV der Gläubigerin mitteilte, wobei er kostenpflichtig das Vermögensverzeichnis übersandte. Da die SU die Gläubigerin nicht binnen Monatsfrist befriedigte (§ 882c Abs. 1 Nr. 3 ZPO), trug er sie in das Schuldnerverzeichnis ein. Die Gläubigerin wendet sich gegen die Sachbehandlung durch den GV und dessen Kostenrechnung. Die Prüfungsbeamtin unterstützt den GV.
2 II. Die Entscheidung
Das Wichtigste in Kürze
Die Entscheidung des AG ist sehr ausführlich begründet. Nachfolgend sollen nur die wesentlichen Aspekte der Entscheidung wiedergegeben werden. Das AG hat im Ergebnis die Kostenrechnung des GV aufgehoben und ihn angewiesen, die Kosten für das übersandte Vermögensverzeichnis nach Nr. 261 KVGvKostG nicht zu erheben. Die tragenden Gründe waren:
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Es ist umstritten, ob ein Gläubiger im Verfahren über die Erteilung einer Vermögensauskunft für den Fall, dass der Schuldner innerhalb der Sperrfrist von zwei Jahren bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat, auf die Übersendung des früheren Vermögensverzeichnisses gemäß § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO verzichten kann bzw. den Zwangsvollstreckungsauftrag unter die Bedingung der Erteilung einer Vermögensauskunft innerhalb der Sperrfrist stellen kann, die zur Folge hat, dass der Gerichtsvollzieher von einer kostenpflichtigen Übersendung des Vermögensverzeichnisses absehen muss.
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Ein Teil des Schrifttums stellt auf die Dispositionsbefugnis des Gläubigers ab, weshalb die Anwendung von § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ausgeschlossen werden könne. |
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Demgegenüber geht eine weitere Auffassung davon aus, dass eine Dispositionsbefugnis des Dritt- oder Folgegläubigers bezogen auf die Übersendung des innerhalb der Sperrfrist bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses nicht bestehe. |
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Vereinzelt wird unter Bezugnahme auf den Gesetzeswortlaut ("andernfalls") die Auffassung vertreten, die ... | |