Pfändungsfreigrenzenverordnung 2015 verkündet
Jetzt ist es amtlich! Was angesichts der Erhöhung des steuerlichen Existenzminimums in den Jahren 2013 und 2014 von 7.834 EUR (Stand 2012) über 8.130 EUR (ab 1.1.2013) auf jetzt 8.354 EUR (seit dem 1.1.2014) absehbar war, ist jetzt auch amtlich: Im Bundesgesetzblatt wurde am 27.4.2015 (BGBl I, 2015, 618) die "Bekanntmachung zu § 850c der Zivilprozessordnung (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2015)" vom 14.4.2015 veröffentlicht. Damit werden die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO ab dem 1.7.2015 um etwa 2,76 % steigen.
Auswirkungen bei Arbeit, Rente und Konto
Die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO wirken sich einerseits bei der Pfändung von Arbeitseinkommen sowie Renten oder Versorgungsbezügen aus, andererseits über § 850k Abs. 1, 2 und 4 ZPO auch bei der Kontopfändung auf einem Pfändungsschutzkonto (P-Konto.)
Das sind die wichtigsten neuen Beträge
Nach der Pfändungsfreigrenzenverordnung 2015 steigt der Eckfreibetrag nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO von derzeit 1.045,04 EUR auf nunmehr 1.073,88 EUR, d.h. um 28,84 EUR, der Beitrag für die erste unterhaltsberechtigte Person von 393,30 EUR auf dann 404,16 EUR, d.h. um 10,86 EUR, und für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person von 219,12 EUR auf 225,17 EUR, d.h. um jeweils 6,05 EUR. Höchstens bleibt ein Betrag von 2.378,72 EUR pfändungsfrei. In gleicher Weise wurden die Beiträge für wöchentliche oder tägliche Zahlungen angepasst, was in der Praxis aber kaum eine Rolle spielen sollte. Statt bisher 3.203,67 EUR sind nunmehr alle Beträge über 3.292,09 EUR in jedem Fall unbeschränkt pfändbar.
Hinweis
Damit ist allerdings nicht schon der gesamte unpfändbare Betrag des Arbeitseinkommens des Schuldners nach § 850c ZPO beschrieben. Zunächst ist das Arbeitseinkommen nämlich nach § 850c Abs. 3 nach unten auf volle 10-EUR-Beträge abzurunden. Übersteigt das Nettoarbeitseinkommen (§ 850e Abs. 1 Nr. 1 ZPO) die vorgenannten pfändbaren Beträge, ist der überschießende Betrag dann aber nicht vollständig pfändbar, sondern bei dem Schuldner, der keiner Person unterhaltspflichtig ist, nur zu 70 %, bei einer unterhaltsberechtigten Person in Höhe von 50 % und bei zwei bis fünf unterhaltsberechtigten Personen um jeweils 10 % pro Person weniger. Vollständig pfändbar sind lediglich die Beträge, die ein Nettoeinkommen von 3.292,09 EUR statt bisher 3.203,67 EUR übersteigen.
Sinkende Erträge
Insgesamt müssen sich die Gläubiger damit auf sinkende Erträge aus der Pfändung von Arbeitseinkommen einstellen, was sich auch auf den von der Pfändung ausgehenden Vollstreckungsdruck auswirkt. Nachdem die Pfändungsfreigrenze auch im Insolvenzverfahren zu beachten ist, wird insbesondere auch der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase aufgrund der Abtretungserklärung einen geringeren Ertrag erzielen.
Beispiel
Der Schuldner ist verheiratet und hat ein Kind. Er erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von 1.715 EUR.
Für das Arbeitseinkommen ergibt sich aus der Tabelle zu § 850c ZPO in der Fassung der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2015 vom 14.4.2015 folgende Berechnung: Waren bis zum 30.6.2015 noch monatlich 21,02 EUR pfändbar, sind es ab dem 1.7.2015 lediglich 2,72 EUR, d.h. ein um 18,30 EUR niedrigerer Betrag, Monat für Monat. Im Jahre 2012 waren noch 31,26 EUR pfändbar!
Da § 850c Abs. 2 ZPO bei der Kontopfändung auf das Pfändungsschutzkonto nicht übertragen wird, ist hier der den Pfändungsfreibetrag übersteigende Betrag vollständig pfändbar. Der Schuldner hat also einen Betrag von 1.073,88 + 404,16 + 225,17 = 1.703,21 EUR auf dem P-Konto pfändungsfrei. Im Umkehrschluss sind also 11,79 EUR pfändbar, wenn ein Betrag von 1.715 EUR eingeht. Der arbeitende Schuldner muss also zusätzlich einen Schutzantrag nach § 850k Abs. 4 ZPO i.V.m. § 850c ZPO stellen, um den Differenzbetrag von 11,79 EUR zu 2,72 EUR, den Pfändungsfreibetrag beim Arbeitseinkommen, auch noch pfändungsfrei stellen zu lassen.
Man kann alles auch positiv sehen: mehr Spielraum für RZV
Steigen die Pfändungsfreigrenzen, bedeutet dies zugleich, dass dem Schuldner ein größeres Einkommen zur Verfügung steht, das dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen ist, so dass er dies für eine Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Erhöhung der bisherigen Raten einsetzen kann, ohne dass die Gefahr besteht, dass andere Gläubiger ihm diese Mittel im Wege der Zwangsvollstreckung entziehen. Es sind daher größere Anstrengungen im außergerichtlichen Forderungsinkasso zu unternehmen. Neben dem Anschreiben des Schuldners sind hier insbesondere die Instrumente des Telefoninkassos sowie des Einsatzes seriöser und qualifizierter Außendienste (Beispiel: www.iadb-online.de) zu nennen.
Mögen die Auswirkungen der Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen beim Schuldner noch durch Lohnerhöhungen und insbesondere bei kleineren Einkommen durch die Einführung des Mindestlohns ausgeglichen werden, fehlt es an einem solchen Ausgleich für die Erhöhungsbeträge bei den unterhaltsberechtigten Personen. Ist außerge...