Leitsatz
Hat der Gläubiger den Versuch einer gütlichen Einigung nach § 802b ZPO und – für den Fall der Fruchtlosigkeit dieses Versuches – die Sachpfändung beantragt, erhält der Gerichtsvollzieher (GV) für den Versuch der gütlichen Einigung keine Gebühr.
LG Freiburg, 22.1.2014 – 3 T 177/13
1 I. Der Fall
Gebühr vom AG abgelehnt – Beschwerde GV
Die GV wendet sich gegen die vom AG getroffene Feststellung, dass ihr die verlangte Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache nach Nr. 207 GvKostG nicht zusteht. Die Gläubigerin hatte beantragt, "die sich ergebende Vollstreckungsforderung in Höhe eines Teilbetrags von 1.000 EUR im Wege der Zwangsvollstreckung zuzüglich Kosten in Höhe von 44,98 EUR für diesen Auftrag beizutreiben und dem Schuldner die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abzunehmen".
Auftrag: gütliche Erledigung – Sachpfändung – Vermögensauskunft
Weiter hat die Gläubigerin ausgeführt: "Dabei ist in folgender Reihenfolge jeweils nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen und der nachfolgenden Aufträge zu verfahren: Soweit eine gütliche Einigung nicht erzielt werden kann oder dem die Zustimmung verweigert wurde, ist die Sachpfändung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 4, 808 ZPO zu betreiben. Soweit eine gütliche Einigung nicht erzielt werden kann oder dem die Zustimmung verweigert wurde, soll dem Schuldner die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abgenommen werden."
Was der GV an Gebühren verlangt
Die GV teilte der Gläubigerin mit, die Schuldnerin sei am 5.6.2013 nach § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden, das Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft sei beendet. In ihrer gleichzeitig übermittelten Kostenrechnung hat die GV neben einer Gebühr für nicht erledigte Amtshandlung nach KV Nr. 604 GvKostG (Sachpfändung) und einer Gebühr für die Abnahme einer Vermögensauskunft nach KV Nr. 260 GvKostG auch eine Gebühr nach KV Nr. 207 GvKostG (gütliche Erledigung) nebst Auslagenpauschale nach KV Nr. 713, 714 GvKostG, insgesamt 60 EUR, in Rechnung gestellt. Die gegen die Gebühr für die gütliche Erledigung gerichtete Erinnerung der Gläubigerin hatte Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Beschwerdebefugnis der GV fraglich
Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Beschwerde der GV zulässig ist. Zwar hat das AG die Beschwerde zugelassen, so dass die Entscheidung gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG (zur Anwendbarkeit von § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG auch im Rahmen der Erinnerung gem. § 766 Abs. 2 ZPO vgl. BGH DGVZ 2008, 187; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 5 GvKostG Rn 5) grundsätzlich beschwerdefähig ist. Allerdings ist zweifelhaft, ob der GV eine Beschwerdebefugnis zukommt. Der GV ist Organ der Zwangsvollstreckung und nicht Partei des Rechtsbehelfsverfahrens (vgl. BGH NJW 2004, 2979). Grundsätzlich steht ihm daher gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts kein eigenes Beschwerderecht zu (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 766 Rn 37; MüKo zur ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 793 ZPO Rn 7, jeweils m.w.N.).
Eigeninteresse des GV genügt nicht
Zwar ist der GV durch eine gerichtliche Entscheidung, die seinen Kostenansatz herabsetzt, mittelbar in seinen wirtschaftlichen Interessen berührt, weil sich durch die Entscheidung die ihm überlassenen Gebührenanteile mindern (für eine Erinnerungs- und Beschwerdebefugnis in einer solchen Konstellation daher OLG Hamburg MDR 2000, 602; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 793 Rn 4; MüKo zur ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 793 Rn 7). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das GvKostG nur das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen Kostenschuldner und Staatskasse regelt. Entsprechend räumt § 5 Abs. 2 GvKostG ein Erinnerungsrecht gegen den Kostenansatz nur dem Kostenschuldner und der Staatskasse ein, nicht aber dem GV (vgl. auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung zu § 5 GvKostG, BT-Drucks 14/3432, S. 26: "Der Gerichtsvollzieher ist wie nach geltendem Recht an dem Erinnerungsverfahren nicht beteiligt. In dem Verfahren geht es ausschließlich um das Verhältnis zwischen Staatskasse und Bürger. Die Staatskasse ist alleiniger Gläubiger des Kostenanspruchs"). Es spricht daher viel dafür, den Gerichtsvollzieher, der sich gegen die Kürzung seines Kostenansatzes wendet, auf Ansprüche gegen seinen Dienstherrn zu verweisen, die im Verwaltungsverfahren geltend zu machen sind (vgl. LG Konstanz DGVZ 2002, 139; Zöller/Stöber, a.a.O.).
Beschwerdebefugnis der GV fraglich
Letztendlich kann dies allerdings dahinstehen. Das AG hat zu Recht festgestellt, dass der Gerichtsvollzieherin die verlangte Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache nach KV Nr. 207 GvKostG nicht zusteht.
Streitgegenstand: Nr. 207 KVGvKostG
Nach KV Nr. 207 GvKostG erhält der Gerichtsvollzieher für den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache (§ 802b ZPO) eine Gebühr, die – entsprechend der Nachbemerkung im Kostenverzeichnis – jedoch nicht entsteht, "wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt ist".