Zwangsvollstreckung als Kommunikationsmotor
Ein Blick auf die Statistik zeigt schnell, dass die Zwangsvollstreckung nicht nur eingesetzt wird, um tatsächlich einen die Forderung befriedigenden Vollstreckungserfolg zu erzielen.
Beispiele
So führte im Jahre 2015 die Zahl von 2.056.321 beauftragten Pfändungen zu lediglich 4.055 Versteigerungen, d.h. in weniger als 0,2 % der Fälle. Vermögensauskünfte sind regelmäßig unvollständig und zeigen kein zugriffsfähiges Vermögen oder der Zugriff führt zu keinem Vollstreckungserfolg. Die Kontopfändung trifft auf ein P-Konto und der Pfändung des Arbeitslohns stehen die Pfändungsfreigrenzen gegenüber.
In der Praxis dient die Zwangsvollstreckung deshalb vielfach dazu, den Schuldner zu veranlassen, mit dem Gläubiger bzw. seinem Bevollmächtigten Kontakt aufzunehmen, um ausgehend hiervon eine der Leistungsfähigkeit des Schuldners entsprechende gütliche Einigung zu erzielen.
Drei Formen der gütlichen Erledigung unterscheiden
Ist ein unmittelbarer Forderungsausgleich nicht möglich, kommen drei Grundformen von gütlichen Einigungen in Betracht:
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Die Ratenzahlungsvereinbarung, bei der der Schuldner die Gesamtforderung, d.h. die Hauptforderung nebst Zinsen und Auslagen des Gläubigers sowie allen weiteren Rechtsverfolgungskosten in monatlich gleichbleibenden Raten zahlt. |
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Die Teilzahlungsvereinbarung, bei der der Schuldner die Gesamtforderung, d.h. die Hauptforderung nebst Zinsen und Auslagen des Gläubigers sowie allen weiteren Rechtsverfolgungskosten in monatlich unterschiedlichen Raten zahlt. |
Hinweis
Es ist zu sehen, dass Weihnachtsgeld, Steuererstattungsansprüche, Urlaubsgeld, Bonuszahlungen, Prämien oder ähnliche Ereignisse den Schuldner in die Lage versetzen können, in dem Zuwendungsmonat höhere Zahlungen zu leisten. Hiernach sollte der Schuldner konkret gefragt werden, um diese dann in der Vereinbarung als unregelmäßige Teilzahlungen zu vereinbaren. Das liegt durchaus im Interesse des Schuldners, weil er so seine Zinslasten vermindert.
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Der Abfindungsvergleich, bei dem der Schuldner statt der Gesamtforderung nur einen geringeren Abfindungsbetrag einschließlich aller Neben- und Rechtsverfolgungskosten zahlt, dafür aber die Zahlung unmittelbar leistet. |
Hinweis
Zu solchen Zahlungen kann der Schuldner motiviert werden, wenn er von Familie, Freunden oder dem Arbeitgeber unterstützt wird. Seine Schuld kann dadurch bei den "neuen Gläubigern" so reduziert werden, dass er dann auch wieder in die Lage versetzt wird, seine Schulden tatsächlich zu begleichen. Dies auch deshalb, weil der Forderungsbetrag geringer ist, nicht so hohe oder gar keine Zinsen vereinbart werden und auch keine weiteren Rechtsverfolgungskosten anfallen.
Was der Schuldner wirklich will …
Der Schuldner reagiert auf die Vollstreckungsmaßnahme trotz des fehlenden Befriedigungserfolgs für den Gläubiger, weil sie ihn an anderer Stelle nachteilig trifft. Das muss kein rechtlicher oder wirtschaftlicher Nachteil sein. Zwar ist die mangelnde Kreditwürdigkeit durch die Eintragung im Schuldnerverzeichnis rechtlicher und wirtschaftlicher Art. Aber auch bei dem Arbeitgeber und den Arbeitskollegen mit Schulden konfrontiert zu werden, kann als nachteilig empfunden werden. Als besonders belastend gilt auch die durch die Kontopfändung beeinträchtigte Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr. Der Schuldner möchte also die Vollstreckung vermeiden oder jedenfalls hinauszögern. Das öffnet ihn für eine qualifizierte Zahlungsvereinbarung.
… und welche Gefahren für den Gläubiger damit verbunden sind
Ließe der Gläubiger sich ohne weiteres darauf ein, allein auf das Versprechen von künftigen Zahlungen den Vollstreckungsauftrag zurückzunehmen, so würde er nicht nur sein Pfändungspfandrecht und den damit verbundenen Rang, § 804 Abs. 3 ZPO, verlieren, sondern auch alle mit der Pfändung verbundenen Informationsrechte. Dies vor dem Hintergrund, dass die meisten Schuldner eine vereinbarte Raten- oder Teilzahlung nicht bis zum vollständigen Forderungsausgleich durchhalten oder auch die Abfindungszahlung versprochen, dann aber nicht geleistet wird. Es gilt also, sich entsprechend abzusichern.
Pfändung löst Informationsansprüche aus
Hat der Gläubiger eine Forderung des Schuldners gegen einen Dritten gepfändet, etwa den Arbeitslohn oder den Auszahlungsanspruch gegen ein Kreditinstitut, aktiviert dies ein dreifaches Informationsrecht:
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Der Schuldner ist nach § 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Erteilt der Schuldner die Auskunft nicht, so ist er auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, sie zu Protokoll zu geben und seine Angaben an Eides statt zu versichern. Die Herausgabe der Urkunden kann von dem Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt werden. |
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Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären, ob und inwiewei... |