Leitsatz
Kommt es zu einer Nachzahlung des Job-Centers, so rechtfertigt dies keine Erhöhung des pfändungsfreien Betrages auf einem Pfändungsschutzkonto, wenn der Schuldner den zum Lebensunterhalt benötigten Freibetrag bereits erhalten hat.
AG Ingolstadt, 3.3.2016 – 2 M 3595/13
1 I. Der Fall
Der Schuldner beantragte die Freigabe von 1.439,33 EUR mit der Begründung, dass durch die Nachzahlung von Sozialleistungen durch das Job-Center in Höhe von 3.279,01 EUR ein pfändbarer Betrag auf seinem P-Konto entstand. Wären laufende Zahlungen erfolgt und keine Nachzahlung, wäre ein pfändbarer Betrag nicht entstanden, sodass er über den gesamten Betrag hätte verfügen können.
2 II. Die Entscheidung
SU hatte, was er brauchte
Der gestellte Antrag ist unbegründet. Der Argumentation des Schuldners kann nicht gefolgt werden. Der Schuldner hat seinen Freibetrag für den jeweiligen Monat erhalten. Eine Nachzahlung wird nicht durch § 850k Abs. 4 ZPO geschützt, da der Schuldner seinen zum Lebensunterhalt benötigten Freibetrag bereits erhalten hat (LG Koblenz v. 23.1.2015 – 2 T 46/15).
Auch die Berufung auf § 765a ZPO führt zu keinem anderen Ergebnis, da eine sittenwidrige Härte im Fall der Nichtfreigabe nicht ersichtlich ist.
3 Der Praxistipp
Keine Rechtsgrundlage für weiteren Freibetrag
Das LG Koblenz ist in der zitierten Entscheidung ebenso wie das LG Berlin (ZVI 2013, 479) davon ausgegangen, dass eine Verteilung von Nachzahlungen für mehrere Monate auf diejenigen Monate, für die die Nachzahlungen gedacht sind, in § 850k Abs. 4 ZPO, bei dem es sich um eine Kann-Vorschrift handele, nicht vorgesehen sei. Dem schließt sich das AG Ingolstadt nun an.
Freibetrag soll nur Unterhalt decken
Die Gerichte sehen dies im Einklang mit der vergleichbaren Regelung der Übertragung von geschützten Guthabenbeträgen in den Folgemonaten, wonach ein unverbrauchtes geschütztes Guthaben zwar noch im Folgemonat ebenso geschützt werden soll, dann aber von der Pfändung erfasst wird (§ 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO). Grund hierfür ist, dass mit Ablauf dieser Frist nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass der Betrag tatsächlich für den Lebensunterhalt des Schuldners benötigt wird. Nichts anderes könne für Nachzahlungen gelten, die lange nach den eigentlich betreffenden Monaten bei einem Schuldner eingehen. Dies ist allerdings nicht unbestritten (a.A. etwa LG Nürnberg-Fürth v. 4.8.2015 – 19 T 3590/15).
Andere Behandlung als beim Arbeitseinkommen
Folgt man dieser für den Gläubiger positiven Rechtsprechung, ergibt sich eine andere Verfahrensweise als bei der Pfändung von Arbeitseinkommen. Dort wird nach dem Entstehungsprinzip gehandelt, d.h. jedem Monat ist der auf ihn entfallende Nachzahlungsbetrag zuzurechnen und hieraus der pfändbare Betrag zu ermitteln (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 850c Rn 3). Während sich dabei eine Unvereinbarkeit der gesamten Nachzahlung ergeben kann, verhält es sich bei der Überweisung auf das P-Konto dann anders.
Pfändungschance nutzen
Das eröffnet dem Gläubiger weitergehende Pfändungschancen, die es durch die Pfändung der Ansprüche aus dem Bankvertrag zu realisieren gilt. Der Fall zeigt, dass die Pfändung auch dann sinnvoll ist, wenn es sich bei dem Konto des Schuldners um ein Pfändungsschutzkonto handelt. Dem Schuldner bleibt dann nur ein Schutzantrag nach § 765a ZPO, wobei der Zeitablauf gegen seine Bedürftigkeit und damit eine besondere Härte spricht.
FoVo 7/2016, S. 143 - 144