I. Die Leserfrage
Zwangsvollstreckung und Prozesskostenhilfe
In der Mai-Ausgabe der FoVo wurde das neue PfÜB-Formular ab dem 25.6.2014 hinsichtlich der zu beantragenden Beiordnung eines Anwalts (und nicht nur des Antrags auf Bewilligung von PKH) dargestellt (FoVo 2014, 83). Ich dachte, dass man die Beiordnung auf den Namen des Anwalts nur dann beantragt, wenn es sich um einen Einzelanwalt handelt. Nun ist aber in dem neuen Formular zu erkennen, dass der Vordruck die Beantragung der Beiordnung für "Frau Rechtsanwältin/Herrn Rechtsanwalt" vorsieht. Ich vermute mal, dass man diesen feststehenden Text wieder nicht einfach am PC löschen kann. Wie muss man bei den neuen Formularen vorgehen, wenn man die Beiordnung einer Kanzlei beantragen möchte?
II. Die Rechtslage
Hoffnung nicht erfüllt …
Die Hoffnung, dass der Verordnungsgeber mit der Überarbeitung der Zwangsvollstreckungsformularverordnung (ZvFV) zumindest einen Teil der vielen Praxisprobleme löst, war groß. Die jetzt eintretende Enttäuschung ist es nicht minder. Eine Vielzahl von Praxisfragen bleibt weiterhin unbeantwortet und wird nun letztlich vom BGH beantwortet werden müssen.
… und in der Praxis allein gelassen
Die ursprünglichen PfÜB-Formulare nach der ZVFV (v. 31.8.2013 m.W.v. 1.9.2012; BGBl I 2012, 1822) sehen auf S. 1 z.B. zwar die Möglichkeit vor, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den beabsichtigten PfÜB zu beantragen. Bisher war jedoch kein konkretes Feld für die Beiordnung des Anwalts vorgesehen, so dass man diesen Antrag z.B. in den freien Hilfslinien der letzten Seite der PfÜB-Formulare eintragen musste.
BGH wird vom Gesetzgeber ignoriert
Auch der BGH monierte in seiner Entscheidung vom 13.2.2014 (VII ZB 39/13 – FoVo 2014, 46) die fehlende Antragsmöglichkeit. Das verabschiedete neue Formular, das ab dem 25.6.2014 benutzt werden darf und ab 1.11.2014 zwingend zu verwenden ist (BGBl 2014, 754 ff.), berücksichtigt jedoch leider nicht die bereits 2008 ergangene BGH-Rechtsprechung zur möglichen Beiordnung einer Sozietät (BGH NJW 2009, 440) als Alternative zur Beiordnung eines namentlich bezeichneten Anwalts.
III. Die Lösung
Im Zeitalter der Elektronik: mit Lineal und Stift
Will man jedoch die Beiordnung der Sozietät entsprechend der prozessualen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantragen, muss man dem Formular wiederum mit Lineal und Stift zu Leibe rücken und die Zeile "Frau Rechtsanwältin/Herrn Rechtsanwalt" durchstreichen. Denn das amtliche Formular erlaubt keine Text-Löschungen via PC.
Handlungspflicht beachten
Nach Ansicht des BGH besteht sogar eine Treuepflicht des angestellten Anwalts, die Beiordnung auf den Namen der Kanzlei zu beantragen: "Ein bei einer Sozietät angestellter Rechtsanwalt, der ein Mandat akquiriert und dabei erkennen kann, dass das Mandat unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe geführt werden soll, hat auf den Gleichlauf von Anwaltsmandat und Anwaltsbeiordnung hinzuwirken" (BGH NJW 2011, 229).
Keine Bindung an die ZVFV
Auch wenn § 3 Abs. 1 S. 1 ZVFV n.F. inhaltliche Abweichungen von den Formularen für nicht zulässig erachtet, dürfte eine solche Streichung im Hinblick auf die bereits am 13.2.2014 ergangene BGH-Rechtsprechung unproblematisch sein (a.a.O.). Denn der BGH entschied, "dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist". Diese Rechtsprechung hat auch mit der Verordnung zur Änderung der ZVFV nichts von ihrer Aktualität und Gültigkeit verloren (vgl. auch Goebel, Änderung der ZVFV im Bundesrat eingebracht, FoVo 2014, 82).
Hinweis
Es besteht sicherlich auch die Möglichkeit, nach wie vor auf der letzten Seite der PfÜB-Formulare die Beiordnung zu beantragen und die erste Seite nicht auszufüllen, sofern die Beiordnung der Kanzlei beantragt werden soll. Diese Vorgehensweise führt aber möglicherweise dazu, dass das Gericht den Antrag übersieht. Empfehlenswert ist daher die zuerst genannte Vorgehensweise.
Autor: Sabine Jungbauer , gepr. Rechtsfachwirtin, München
FoVo 7/2014, S. 127 - 128