Richtiges Recht gepfändet?
Die Drittschuldnerin macht geltend, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) sei schon deshalb aufzuheben, weil nicht die zutreffenden Verfahrensvorschriften angewandt worden seien. Hier komme nur eine Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte in Betracht. Dem einzelnen Hafenlotsen stehe an der Geldforderung aller Hafenlotsen gegen die Drittschuldnerin eine Bruchteilsmitberechtigung in Höhe des jeweils zur Verteilung anstehenden Betrages zu. In dieses Vermögensrecht sei nach Maßgabe des § 857 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken, wobei Drittschuldner auch die übrigen Hafenlotsen als weitere Mitberechtigte seien.
Eingeschränkte Prüfungskompetenz des Rechtspflegers
Diese Rechtsansicht überzeugt nicht. Die Pfändung und Überweisung einer angeblichen Forderung darf nur dann abgelehnt werden, wenn sie dem Schuldner gegenüber dem bezeichneten Drittschuldner nach keiner vertretbaren Rechtsansicht zustehen kann (vgl. BGH WM 2012, 2247; BGH NJW-RR 2008, 733). Diese Voraussetzungen dürften vorliegend nicht erfüllt sein.
Pfändung umfasst Lotsengeld
Die Gläubigerin hat die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens sowie auf Vergütungen aus Werk- und Dienstleistungsverträgen gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Dies beinhaltet die hier in Rede stehenden Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf monatliche Zahlung der auf ihn entfallenden anteiligen Lotsengelder sowie auf Zahlung eines etwaigen Überschusses zum Ablauf des Kalenderjahres. Dem Schuldner können solche Ansprüche gegen die Drittschuldnerin auf der Grundlage der Regelung des § 35 Nr. 6 BremLotsO in Verbindung mit der betreffenden Lotsengeldverteilungsordnung B. zustehen.
Hafenlotsen sind keine Bruchteilsgemeinschaft
Nach der Ausgestaltung der Selbstverwaltung des Hafenlotsenwesens handelt es sich dabei um Ansprüche des einzelnen Hafenlotsen gegen die die Lotsengelder verwaltende Drittschuldnerin als eigenständige juristische Person. Die Hafenlotsen bilden keine Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich der die Lotsengelder betreffenden Ansprüche mit der Folge, dass eine Anteilspfändung gemäß § 857 Abs. 1 ZPO erforderlich wäre. Sie sind vielmehr in der Weise organisiert, dass sie als Mitglieder der Drittschuldnerin angehören, bei der es sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts um eine juristische Person handelt. Aufgabe der Drittschuldnerin ist unter anderem die Verwaltung der von den Hafenlotsen insgesamt erwirtschafteten Lotsengelder. Mit dieser Verpflichtung der Drittschuldnerin korrespondiert das Bestehen entsprechender Zahlungsansprüche der einzelnen Mitglieder gegen sie. Daraus folgt weiter, dass sich diese Zahlungsansprüche ausschließlich gegen die Drittschuldnerin richten und deren – im Bestand wechselnde – Mitglieder insoweit nicht als weitere Drittschuldner einzubeziehen sind.
Keine Einschränkung der Pfändbarkeit
Die danach in Betracht kommenden gesonderten Zahlungsansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin, die auf den ihm zustehenden Anteil an dem gemeinsam erwirtschafteten Gewinn gerichtet sind, können zum Gegenstand eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß §§ 829, 835 ZPO gemacht werden. Sie gehören ausschließlich zu dessen Vermögen. Eine Einschränkung der Pfändbarkeit ergibt sich auch nicht aus § 851 ZPO. Das Beschwerdegericht hat insoweit zutreffend angenommen, dass diese Ansprüche übertragbar sind.
Lotsengeld ist Arbeitseinkommen
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der PfÜB die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO in Bezug nimmt. Denn die von dem Beschluss erfassten Forderungen sind als Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO einzuordnen. Der Umstand, dass der Hafenlotse seine Tätigkeit als freien Beruf ausübt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich bei den erwirtschafteten Lotsengeldern, die von der Drittschuldnerin jeden Monat anteilig an ihre Mitglieder ausgezahlt werden, um Vergütungen handelt, die die Existenzgrundlage der Mitglieder bilden, weil sie deren Erwerbstätigkeit ganz oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen (BGHZ 96, 324 m.w.N.). Dies führt zur Anwendbarkeit des § 850c ZPO. Dem Schuldner bleibt die Möglichkeit, durch einen Antrag nach § 850f ZPO gegebenenfalls eine höhere Pfändungsfreigrenze zu erreichen. Ein solcher Antrag ist hier nicht gestellt worden.