Leitsatz
Die fehlende Sachprüfung des Ausgangsgerichts und eine hierauf bezogene Auseinandersetzung mit der Beschwerdebegründung stellen einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses und zu einer Zurückverweisung führt.
LG Potsdam, 3.3.2015 – 3 T 14/15
1 I. Der Fall
Anhebung
Das AG hat den Sockelbetrag des P-Kontos des Schuldners bei der Drittschuldnerin um 409,78 EUR auf insgesamt 1.454,82 EUR erhöht. Die Erhöhung des Sockelbetrages sei erforderlich, da die feststehenden Einkünfte nach § 850c ZPO neu zu berechnen seien und diesem Betrag noch die private Krankenversicherung hinzuzurechnen sei.
Hiergegen wandte sich die Gläubigerin, soweit der unpfändbare Betrag auf mehr als 1.213,50 EUR festgesetzt wurde, unter Darlegung einer eigenen Berechnung des pfändungsfreien Betrages. Das AG hat der Beschwerde ohne nähere Begründung nicht abgeholfen und sie dem LG vorgelegt.
2 II. Die Entscheidung
Argumente des Gläubigers …
Das Beschwerdegericht sieht sich an einer Entscheidung in der Sache gehindert, da das Nichtabhilfeverfahren gemäß § 572 Abs. 1 ZPO, § 11 RPflG verfahrensfehlerhaft durchgeführt wurde. Lässt der Nichtabhilfebeschluss nicht erkennen, dass das Gericht die Argumente des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen und sich damit auseinandergesetzt hat, so liegt darin ein schwerer Verfahrensfehler (OLG Nürnberg v. 4.8.2003 –13 W 2362/03), der die Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses rechtfertigt.
… verlangen eine konkrete Auseinandersetzung
Der erstinstanzlich tätig werdende Richter oder Rechtspfleger muss auf die sofortige Beschwerde hin prüfen, ob eine Abänderung der Entscheidung veranlasst ist. Vorliegend wurde von Gläubigerseite im Rahmen der Beschwerdebegründung eine vom Beschl. v. 13.2.2015 abweichende konkrete Berechnung des unpfändbaren Betrags angestellt. Insofern wäre es erforderlich gewesen, sich mit dieser Berechnung auseinanderzusetzen oder dieser eine eigene Berechnung entgegenzusetzen; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem ursprünglichen Beschl. v. 13.2.2015 keine konkrete Berechnung in Bezug auf die Erhöhung des Sockelbetrages zugrunde liegt. Dem Beschwerdegericht ist eine Überprüfung der Grundlagen der Entscheidung nicht möglich. Die fehlende Sachprüfung des Ausgangsgerichts stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des Vorlagebeschlusses und zur Zurückverweisung führt.
3 Der Praxistipp
Gläubiger muss aktiv handeln
Die Entscheidung des LG zeigt, dass zumindest die Beschwerdegerichte das auf Art. 103 GG fußende Anhörungsrecht des Gläubigers respektieren und beachten. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, die Argumente des Beschwerdeführers erkennbar zu bescheiden. Dies gilt auch dann, wenn man sie für vermeintlich unerheblich oder nicht durchgreifend erachtet. Zugleich wird damit belegt, dass der Gläubiger sich mit ebensolchen amtsgerichtlichen Entscheidungen nicht zufrieden geben darf und den weiteren Weg der sofortigen Beschwerde bewusst wählen sollte. Die Kosten des Verfahrens hat der Schuldner nach § 788 ZPO zu tragen, wenn der Gläubiger sodann mit seinen Argumenten durchdringt.
FoVo 8/2015, S. 165 - 166