Voraussetzung für den Erlass des Haftbefehls

Das LG hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des Erlasses eines Haftbefehls nach § 901 ZPO nicht vorliegen. Der Erlass eines Haftbefehls setzt nach § 901 ZPO voraus, dass der Schuldner dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unentschuldigt ferngeblieben ist oder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung grundlos verweigert hat. Die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung muss damit im Termin bestanden haben (BGH NJW 2008, 3288). Daran fehlt es hier. Die Schuldnerin war zu der vom Gläubiger beantragten Nachbesserung ihrer eidesstattlichen Versicherung nicht verpflichtet.

BGH bestätigt Fragerecht des Gläubigers

Allerdings scheidet eine Nachbesserung vorliegend nicht bereits deshalb aus, weil Fragen nach Sachversicherungsverträgen, Energieversorgern und nach dem Namen und der Anschrift des Vermieters vom Schuldner im Verfahren nach § 807 ZPO grundsätzlich nicht beantwortet werden müssen. Inhalt und Umfang der Pflicht einer Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung bestimmen sich nach § 807 ZPO und dessen Zweck, dem Gläubiger eine Grundlage für eine etwaige Vollstreckung zu geben und ihm Kenntnis von denjenigen Vermögensstücken zu verschaffen, die möglicherweise seinem Zugriff im Wege der Zwangsvollstreckung unterliegen. Die Auskunftsverpflichtung nach § 807 ZPO kann sich auch auf künftige Forderungen erstrecken, sofern der Rechtsgrund und der Drittschuldner der Forderung im Zeitpunkt der Pfändung hinreichend bestimmt sind (BGH NJW-RR 2011, 851 = FoVo 2011, 92).

BGH: Diese Fragen muss der Schuldner beantworten …

Nach diesen Maßstäben muss der Schuldner in der eidesstattlichen Versicherung grundsätzlich auch Ansprüche auf Beitragsrückerstattung und auf Leistungsansprüche aus Sachversicherungen (vgl. LG Koblenz JurBüro 2006, 548; LG Mönchengladbach JurBüro 2008, 552, 553; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 807 Rn 24; Kessen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 807 Rn 26; Goebel, Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 2 Rn 123; a.A. LG Münster, Beschl. v. 25.8.2009 – 5 T 376/09) sowie auf Erstattung von überzahlten Abschlägen auf Verträge mit Energieversorgern (dazu LG Koblenz JurBüro 2006, 548; AG Rüdesheim JurBüro 2008, 665 f.; AG Aachen JurBüro 2008, 664 f.; a.A. LG Münster a.a.O. juris Rn 23) und auf mietvertragliche Betriebs- und Nebenkosten (LG Kleve JurBüro 2010, 383; a.A. LG Münster a.a.O. juris Rn 19) angeben.

… wenn sie mit der Lebenswirklichkeit des Schuldners konkret in Verbindung stehen …

Ob der Schuldner Fragen des Gläubigers zu diesen Themen beantworten muss, die über diejenigen hinausgehen, welche im herkömmlich verwendeten Formblatt zur Erstellung des Vermögensverzeichnisses enthalten sind, hängt allerdings weiter davon ab, ob die zusätzlichen Fragen auf die konkrete Schuldnersituation abstellen oder aber ohne erkennbaren Zusammenhang mit dem konkreten Lebenssachverhalt lediglich der allgemeinen Ausforschung im Wege der Befragung auf Verdacht dienen (Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 900 Rn 29, § 903 Rn 14, 16; MüKoZPO/Eickmann a.a.O. § 900 Rn 17; Musielak/Voit, ZPO, 8. Aufl., § 900 Rn 22 f.; Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 807 Rn 34; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 807 Rn 20; krit. Goebel a.a.O. § 2 Rn 116).

… und das VV unvollständig, ungenau oder widersprüchlich ist!

Es kann offen bleiben, ob die vom Gläubiger im Streitfall geltend gemachten Fragen bereits deshalb nicht von der Schuldnerin beantwortet werden müssen, weil der Gläubiger die Fragen und deren Begründung nicht konkret auf die Situation der Schuldnerin bezogen hat. Denn jedenfalls fehlt es an den weiteren Voraussetzungen, die an die Zulässigkeit der Nachbesserung einer bereits abgegebenen eidesstattlichen Versicherung zu stellen sind. Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung nur verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat (BGH NJW 2004, 2979 = InVo 2004, 421; BGH NJW-RR 2008, 1163 = FoVo 2009, 14; BGH WM 2009, 1431 = FoVo 2009, 157; BGH NJW-RR 2011, 667 = FoVo 2011, 111; vgl. auch § 185o GVGA). Dies setzt voraus, dass aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich ist, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind oder aber der Gläubiger glaubhaft macht, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis versehentlich unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat.

Nur im konkreten Fall scheitert der Gläubiger

Es ist aus dem Vermögensverzeichnis selbst nicht ersichtlich, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind. Der Gläubiger hat auch nicht Anhaltspunkte für einen konkreten Verdacht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Schuldnerin versehentlich im Vermögensverzeichnis unzutreffende oder unvollständige Angaben gemacht hat. Derartige auf die konkrete Schuldnersituation bezogene Umstände macht er nicht geltend. Z...

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