Insolvenz kein Hindernis
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert nicht die von der Gläubigerin begehrte Zwangsvollstreckung. § 240 ZPO erfasst nicht Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 888 ZPO (MünchKommInsO/Breuer § 89 Rn 31; LAG Düsseldorf NZA-RR 2004, 206; LAG Köln, 19.5.2008, 11 Ta 119/08). Die Folgen des Insolvenzverfahrens für die Zwangsvollstreckung gegen die SU sind durch §§ 88 ff. InsO speziell geregelt, sodass § 240 ZPO nicht zur Anwendung gelangt (BGH NJW 2007, 3132). Der titulierte Zeugnisanspruch unterfällt nicht dem Vollstreckungsverbot des § 89 InsO. Es handelt sich weder um eine Insolvenzforderung, noch ist die Insolvenzmasse betroffen. Der Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung im Sinne des § 888 ZPO ist vom SU persönlich zu erfüllen und ist nicht auf eine aus seinem Vermögen beitreibbare Leistung gerichtet (BAG NZA 2004, 1392).
Aber: Es fehlt an den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen
Es liegen nicht sämtliche allgemeinen Voraussetzungen für die Vollstreckung des Zwangsmittelbeschlusses vor. Der Antrag der Gläubigerin auf Durchführung der Zwangshaft ist als Antrag auf Erlass eines Haftbefehls auszulegen. Der Zwangsmittelbeschluss ist eigener Vollstreckungstitel im Sinn des § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für die Vollstreckung der Ersatzzwangshaft. Die Vollstreckung der im Titel für den Fall der Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes festgesetzten Zwangshaft setzt gemäß §§ 888 Abs. 1 S. 3, 901 ZPO einen Haftbefehl voraus, für dessen Erlass das Arbeitsgericht als Prozessgericht zuständig ist (BAG NZA 2010, 61).
Erstes Problem: Ordnungsgemäße Zustellung
Es unterliegt Bedenken, ob der Zwangsmittelbeschluss ordnungsgemäß zugestellt wurde. Die Zustellung des Titels, aus dem die Vollstreckung begehrt wird, beim SU ist Voraussetzung der Zwangsvollstreckung (§ 750 Abs. 1 ZPO). Der Antrag hat die SU zwar ausweislich ihrer Erwiderung erreicht. Zu diesem Zeitpunkt gab die SU allerdings ihre Anschrift bereits selbst abweichend an. Ob sie bei der vermerkten Zustellung des Zwangsmittelbeschlusses – zu diesem Zeitpunkt war schon das Insolvenzeröffnungsverfahren anhängig – noch Geschäftsräume unterhielt, ist zumindest zweifelhaft.
Zweites Problem: Keine vollstreckbare Ausfertigung
Die Gläubigerin hat nicht auf die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zwangsmittelbeschlusses hingewirkt (zur Entbehrlichkeit: Baumbach/Lauterbach, 69. Aufl., § 888 Rn 18 und § 724 Rn 14; a.A. BAG NZA 2010, 61). Die auf den Titel gesetzte Vollstreckungsklausel ist jedoch Voraussetzung der Zwangsvollstreckung (§ 724 Abs. 1 ZPO), vor deren Erteilung u.a. der gerade hier bedeutsame Umstand der ordnungsgemäßen Zustellung des Titels zu prüfen ist und in der vermerkt werden kann, gegen wen die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, damit das Vollstreckungsorgan – im Falle der Verhaftung wäre dies der GV (§ 909 Abs. 1 ZPO) – die im Titel genannte Person zweifelsfrei und ohne Heranziehung sonstiger Umstände außerhalb des Titels feststellen kann (BGH 26.11.2009 – VII ZB 42/08).
Drittes Problem: Vollstreckungsklausel fehlt …
Unabhängig von der fehlenden Vollstreckungsklausel scheitert die Vollstreckung aus dem Zwangsmittelbeschluss aber auch daran, dass der dem Vollstreckungsbegehren zugrunde liegende Beschluss zur Dauer der Ersatzzwangshaft keine Feststellung enthält. In einem Zwangsgeldbeschluss nach § 888 ZPO ist die Dauer der Ersatzzwangshaft im Verhältnis zur Höhe des Zwangsgeldes festzusetzen (Zöller/Stöber a.a.O. § 888 Rn 9; LAG Rheinland-Pfalz, 3.8.2011, 9 Ta 128/11). Die Ersatzzwangshaft unterscheidet sich von der nach § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO ebenfalls möglichen isolierten Festsetzung von Zwangshaft ohne vorherige Zwangsgeldverhängung gerade dadurch, dass die Ersatzzwangshaft von der Nichtbeitreibbarkeit des Zwangsgeldes abhängt und damit hinsichtlich ihrer Dauer notwendig an der Höhe des Zwangsgeldes ausgerichtet sein muss. Die Anordnung der Zwangshaft nach § 888 ZPO setzt demgegenüber nicht die Festsetzung einer bestimmten Dauer voraus, da sich das Mindestmaß von einem Tag aus Art. 6 Abs. 1 EGStGB und das Höchstmaß von sechs Monaten aus § 888 Abs. 1 S. 3 in Verbindung mit § 913 ZPO ergibt und diese Haft von vornherein (bis zur Höchstdauer) so lange andauert, bis die zu erfüllende Handlung bewirkt ist.
… und keine Abhilfe möglich?
Das Beschwerdegericht ist angesichts des streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens gehindert, in den zugrunde liegenden Titel – den Zwangsmittelbeschluss – einzugreifen und selbst die Dauer der Ersatzzwangshaft festzulegen. Der Gläubigerin bleibt die Möglichkeit, beim ArbG die nachträgliche Festsetzung der Dauer der Ersatzzwangshaft in analoger Anwendung von Art. 8 Abs. 1 EGStGB zu beantragen (Zöller/Stöber a.a.O. § 888 Rn 9; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 888 Rn 28; Musielak/Lackmann, ZPO, 8. Aufl., § 888 Rn 11; OLG Saarbrücken, 29.8.2011, 5 W 197/11-85). Dabei dürfte die Frage der Unverhältnismäßigkeit einer etwaigen Vollstreckung durch einen Haftbefehl, der die Gläubiger...