Ausgangspunkt ist § 808 ZPO

Der Lösung kommt man schnell näher, wenn man sehr systematisch arbeitet. Ausgangspunkt ist dabei § 808 ZPO, wonach der Gerichtsvollzieher die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen pfändet. Gewahrsam bedeutet, dass nach dem äußeren Anschein die tatsächliche Zugriffsmöglichkeit eines Menschen auf eine Sache besteht und dass aufgrund dieser Umstände nach der Verkehrsauffassung ein entsprechender Gewahrsamswille anzunehmen ist (Musielak-Becker, ZPO, 11. Aufl., § 808 Rn 3). Da der Schuldner den Pkw jedenfalls auch nutzt, hat er Gewahrsam. Eine Rechtsprüfung durch den Gerichtsvollzieher findet nicht statt.

 

Hinweis

Das drückt auch § 71 Abs. 1 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) aus. Der Gerichtsvollzieher prüft danach im Allgemeinen nicht, ob die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen zu dessen Vermögen gehören. Dies gilt sowohl dann, wenn zugunsten einer dritten Person ein die Veräußerung hinderndes Recht in Anspruch genommen wird, als auch dann, wenn der Schuldner behauptet, dass er die tatsächliche Gewalt über die Sachen nur für den Besitzer ausübe oder dass er sein Besitzrecht von einem anderen ableite. Für den Gerichtsvollzieher kommt es hiernach nur auf den äußeren Befund an. Für ihn gilt als Vermögen des Schuldners alles, was sich in dessen Gewahrsam befindet.

Mitgewahrsam kann Hindernis sein

Allerdings hat der Gesetzgeber Respekt vor den schuldrechtlichen Verbindungen des Schuldners mit Dritten, die ebenfalls Gewahrsam, mithin Mitgewahrsam an einer Sache haben. In diesem Fall darf nach § 809 ZPO die Pfändung grundsätzlich nur erfolgen, wenn der Dritte zur Herausgabe an den Gerichtsvollzieher bereit ist, letztlich der Pfändung also zustimmt. Dieses Glück wird der Gläubiger in der Praxis allerdings nur selten haben.

 

Hinweis

Damit ist die Vollstreckung aber nicht zu Ende. Der Gläubiger muss dann ggf. über die Abnahme der Vermögensauskunft klären, welches Recht der Dritte an der Sache hat, etwa als Mieter, Pächter, Verwahrer oder Entleiher. Dann können die Ansprüche aus diesem Rechtsverhältnis, darunter auch das Kündigungs- und Herausgaberecht, im Wege der Forderungspfändung nach §§ 828, 829, 835, 857 ZPO gepfändet und überwiesen werden.

Nicht aber bei Ehegatten

Der Gläubiger wird vom Gesetzgeber allerdings privilegiert, wenn es sich bei dem Mitgewahrsamsinhaber um den Ehegatten des Schuldners handelt. In diesem Fall verdrängt § 739 ZPO das Widerspruchsrecht bzw. Zustimmungserfordernis aus § 809 ZPO. Wird zugunsten der Gläubiger eines Ehemannes oder der Gläubiger einer Ehefrau gemäß § 1362 BGB vermutet, dass der Schuldner Eigentümer beweglicher Sachen ist, so gilt nach § 739 ZPO, unbeschadet der Rechte Dritter, für die Durchführung der Zwangsvollstreckung nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer. Zugunsten der Gläubiger des Mannes und der Gläubiger der Frau wird nach § 1362 BGB vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören.

 

Hinweis

Diese Vermutung gilt allerdings nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und sich die Sachen im Besitz des Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist. Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander und zu den Gläubigern vermutet, dass sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind. Da es sich dabei um dem Schuldner günstige Ausnahmen handelt, muss er sie darlegen und beweisen.

Die Folge ist also, dass der Pkw, auch wenn er im Mitgewahrsam beider Ehegatten steht, zunächst einmal gepfändet werden kann. Im Sinne des fragenden Lesers kann kaum bestritten werden, dass allein die Pfändung einen erheblichen Vollstreckungsdruck ausüben kann.

 

Hinweis

Dabei kann der Gläubiger dem GV nach § 107 GVGA die Weisung erteilen, dass der Pkw im Gewahrsam des Schuldners – ohne Nutzungsmöglichkeit – verbleibt, so dass auch keine Kosten für die Entfernung aus dem Gewahrsam und die Lagerung anfallen.

Eigentumsnachweis steht dem Ehegatten offen

Ungeachtet der Pfändung steht dem Ehegatten selbstverständlich die Möglichkeit offen, sein Eigentum an dem Pkw nachzuweisen. Dazu genügen allerdings nicht die Zulassungsbescheinigung I und II, die lediglich den Halter, aber nicht zwingend den Eigentümer ausweisen. Es müssen also Nachweise über den Erwerb, wie etwa ein Kaufvertrag, vorgelegt werden. Solange dies nicht geschehen ist, muss der Gläubiger auch keine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO fürchten.

 

Hinweis

Die Praxis zeigt, dass dieser Nachweis dem Ehegatten immer wieder Schwierigkeiten bereitet, weil Schuldner und ihre Familien nicht gerade dazu neigen, entsprechende Unterlagen jederzeit greifbar zu archivieren. Das erhöht den Vollstreckungsdruck für eine gütliche Einigung in Form eines Ratenzahlungsvergleiches erheblich.

Der Gläubiger kann den Zugriff trotz des Versuches des Ehegatten, den Gerichtsvollzieher zur Prüfung seines Eigentums zu bewegen, dadurch verstärken, dass er...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge