Nehmen Sie die Vollstreckungsvereitelung nicht hin

Der BGH folgt den Vorinstanzen nicht und bleibt seiner Linie treu, zunehmenden Versuchen der Schuldner, Maßnahmen der Immobiliarzwangsvollstreckung zu vereiteln, entgegenzu­treten (vgl. etwa zur Vereitelung durch einen Scheinmietvertrag BGH v. 18.9.2013 – VIII ZR 297/12). Der vorliegende Fall betrifft nun eine Variante eines Schuldners.

 

Hinweis

Denken Sie daran, dass der persönliche Gläubiger sehr schnell zum dinglichen Gläubiger werden kann, wenn seine Forderung den Betrag von 750 EUR übersteigt und er sich nach §§ 866 Abs. 3, 867 ZPO eine Zwangssicherungshypothek eintragen lässt. Damit steigt er in einer Immobiliarzwangsversteigerung oder -verwaltung zugleich von der – regelmäßig ausfallenden – Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG in die Rangklasse 5 auf. Ein weiterer Vorteil: Nachrangige Kleingläubiger werden regelmäßig von den vorrangigen Großgläubigern mit einer "Lästigkeitsprämie" ausgelöst, damit diese die Chance auf eine freie Veräußerung bekommen.

Vorausverfügung ist unwirksam

Das LG hat zutreffend angenommen, dass die Zahlung des Betrages von 35.000 EUR an den ursprünglichen Vermieter als Vorausverfügung gemäß § 1124 Abs. 2 Hs. 2 BGB dem Kläger gegenüber unwirksam ist, soweit sie sich auf die Miete ab Januar 2010 bezieht. Dem Kläger steht deshalb der in der Revisionsinstanz noch streitige Zahlungsanspruch (je 486,11 EUR für die Monate Januar und Februar 2010) zu.

 

Im Wortlaut: § 1124 BGB

(1) Wird die Miete oder Pacht eingezogen, bevor sie zugunsten des Hypothekengläubigers in Beschlag genommen worden ist, oder wird vor der Beschlagnahme in anderer Weise über sie verfügt, so ist die Verfügung dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksam. Besteht die Verfügung in der Übertragung der Forderung auf einen Dritten, so erlischt die Haftung der Forderung; erlangt ein Dritter ein Recht an der Forderung, so geht es der Hypothek im Range vor.

(2) Die Verfügung ist dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, soweit sie sich auf die Miete oder Pacht für eine spätere Zeit als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht. Erfolgt die Beschlagnahme nach dem fünfzehnten Tag des Monats, so ist die Verfügung jedoch insoweit wirksam, als sie sich auf die Miete oder Pacht für den folgenden Kalendermonat bezieht.

Nicht voreilig einen Rechtsirrtum annehmen

Zu Unrecht hat das LG hingegen angenommen, dass sich die Beklagte zu 1 zumindest bis zur Verkündung des Urteils im Berufungsverfahren in einem unverschuldeten Rechtsirrtum über ihre Verpflichtung zur Zahlung von Miete an den Kläger befunden habe und deshalb die vom Kläger gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochenen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs sowie der hierauf gestützte Räumungsanspruch gegen die Beklagten zu 1 bis 3 unbegründet seien. Dem Kläger steht nämlich gegen die Beklagte zu 1 für die Zeit ab Januar 2010 ein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Miete in Höhe von 486,11 EUR zu (§ 535 Abs. 2 BGB).

BGH geht vom gleichen Sachverhalt wie LG aus …

Zutreffend hat das LG angenommen, dass die Beklagte zu 1 mit dem Ersteher einen Mietvertrag über das streitige Grundstück abgeschlossen hat. Auch ist ihm beizupflichten, dass die von der Beklagten zu 1 an den ursprünglichen Vermieter erbrachte Zahlung von 35.000 EUR als Vorausverfügung gemäß § 1124 Abs. 2 Hs. 2 BGB dem Kläger gegenüber unwirksam ist, soweit sie sich auf die Miete ab Januar 2010 bezieht.

Eine Vorausverfügung im Sinne von § 1124 Abs. 2 BGB setzt die Existenz einer nach periodischen Zeitabschnitten bemessenen Miete gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird. An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch nach der Rechtsprechung des Senats, wenn der Mietvertrag auf die Lebenszeit des Mieters abgeschlossen und als Gegenleistung bei Abschluss des Mietvertrags eine Einmalzahlung als Miete vereinbart ist. Denn in diesen Fällen kann nicht bestimmt werden, welcher Teil der Einmalzahlung auf die Zeit nach der Beschlagnahme entfällt (BGH v. 11.10.2011, VIII ZR 103/11; BGH v. 25.4.2007, VIII ZR 234/06).

… aber in einer anderen als den bisher entschiedenen Varianten

So verhält es sich im Streitfall aber nicht. Der Mietvertrag über den streitigen Grundbesitz wurde nicht auf die Lebenszeit der Beklagten zu 1, sondern auf eine feste Mietzeit von sechs Jahren abgeschlossen, so dass ohne weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische – üblicherweise monatliche – Zeitabschnitte erfolgen kann. Dies genügt für die Anwendbarkeit des § 1124 Abs. 2 BGB Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Parteien von einer Bemessung nach periodischen Zeitabschnitten ausgegangen sind. Einer Feststellung eines dahin gehenden Parteiwillens bedarf es somit nicht.

 

Hinweis

Das hat der BGH zu § 1124 Abs. 2 BGB bisher noch nie so ausgesprochen. Es privilegiert den Gläubiger, wenn er eine solche Umrechnung begründen kann. Dabei genügt eine fiktive Umrechnung. Er muss also nicht den subjektiven Willen der Mietvertragsparteien ermitteln, d...

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