Keine Zulässigkeitsbedenken
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache führt die Beschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an den zuständigen Einzelrichter des Beschwerdegerichts. Die Rechtsbeschwerde ist infolge der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig.
Erstbeschwerde war statthaft …
Allerdings setzt die Befugnis zur Rechtsbeschwerde voraus, dass bereits die Erstbeschwerde statthaft war. War die sofortige Beschwerde unstatthaft, fehlt es für das Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht an einer Grundlage. Ein für den Beschwerdeführer vom Gesetz nicht vorgesehener Rechtsmittelzug kann auch durch eine Fehlentscheidung des ersten Rechtsmittelgerichts nicht eröffnet werden. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen. Die Erstbeschwerde war nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 4 InsO statthaft.
… was sich nicht aus der InsO ergibt …
Nach § 6 Abs. 1 S. 1 InsO unterliegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde vorsieht. Für die Ablehnung der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle sieht die Insolvenzordnung ein Rechtsmittel nicht vor. Bei der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Insolvenztabelle handelt es sich indes um eine außerhalb des Insolvenzverfahrens zu treffende Entscheidung (vgl. BGH ZInsO 2011, 1032 Rn 6; BGH ZInsO 2011, 2278 Rn 5). Das zeigt § 201 Abs. 2 S. 3 InsO, wonach der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden kann. Ob die Erstbeschwerde der Gläubigerin statthaft war, richtet sich daher nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.
… aber aus der ZPO!
Wird die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung – wie hier – durch den Rechtspfleger des Gerichts erster Instanz abgelehnt, ist das statthafte Rechtsmittel für den Gläubiger die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO (Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 724 Rn 11; MüKo-ZPO/Wolfsteiner, 5. Aufl., § 724 Rn 55; Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl., § 724 Rn 13; BeckOK-ZPO/Ulrici, Stand 1.3.2020, § 724 Rn 35). § 793 ZPO findet keine Anwendung, weil die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nicht Teil der Zwangsvollstreckung ist, sondern diese nur vorbereitet (MüKo-ZPO/Wolfsteiner, a.a.O. Rn 53; vgl. auch BGH, Urt. v. 26.4.1976 – VIII ZR 290/74, MDR 1976, 837, 838; Lackmann, in: Musielak/Voit, a.a.O. Rn 2). Die von der Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde war danach statthaft.
BGH sieht Entscheidung des "falschen" Richters
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Gläubigerin rügt mit Recht, dass nicht der Einzelrichter des LG über ihre Beschwerde entschieden hat, sondern die Kammer.
Die mit der sofortigen Beschwerde angefochtene Entscheidung wurde von einem Rechtspfleger erlassen. Für diesen Fall sieht § 568 S. 1 ZPO eine Entscheidung durch den originären Einzelrichter vor. In seiner im Gerichtverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung ist das LG nur dann zur Entscheidung berufen, wenn der originäre Einzelrichter durch eine gesonderte Entscheidung das Verfahren auf die Kammer überträgt (§ 568 S. 2 ZPO). Dies setzt einen entsprechenden Beschluss des Einzelrichters voraus. An einem solchen Beschluss fehlt es. Im Streitfall hat die Kammer im angefochtenen Beschluss selbst entschieden, dass ihr die Beschwerdeentscheidung übertragen werde, und zugleich in der Sache entschieden. Dies ist verfahrensfehlerhaft (BGH WM 2017, 2035 Rn 10 f; vgl. auch BGH WM 2019, 1026 Rn 30; BGH WM 2019, 2174 Rn 15).
Die Rechtsfolge: zwingende Aufhebung und Zurückverweisung
Da das Beschwerdegericht zu Unrecht entgegen § 568 S. 1 ZPO nicht durch den Einzelrichter, sondern durch die Kammer entschieden hat, war es nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 1 ZPO). Angesichts dieses absoluten Rechtsbeschwerdegrundes ist unerheblich, ob sich der angefochtene Beschluss aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 577 Abs. 3 ZPO). Gemäß § 577 Abs. 4 ZPO ist vielmehr der fehlerhaft ergangene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den zuständigen Einzelrichter zurückzuverweisen. § 568 S. 3 ZPO steht dem nicht entgegen.
Immerhin sagt der BGH, wo es langgeht
Bei seiner Entscheidung wird der originär zuständige Einzelrichter des Beschwerdegerichts Folgendes zu beachten haben:
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Den Rechtsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung hat die Gläubigerin nur im Blick auf die in der Beitragsforderung enthaltenen Arbeitnehmerbeiträge (2.347,34 EUR) geltend gemacht, nicht für die restliche Beitragsforderung (2.504,39 EUR) und auch nicht für die zur Tabelle angemeldeten Säumniszuschläge (359,50 EUR) und Mahngebühren (11,33 EUR). |
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Auch der Fortgang des Restschuldbefreiungsverfahrens ist für die erneute Entscheidung von Bedeutung. Dem Schuldne... |