Leitsatz
Auch im Fall der Zulassung durch das Beschwerdegericht ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft, wenn bereits die erstinstanzliche Entscheidung von Gesetzes wegen nicht anfechtbar war.
Sowohl gegen den nach § 35 Abs. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweis auf Zwangsmittel als auch gegen deren – vom Gesetz nicht mehr vorgesehene – Androhung ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.
BGH, 23.5.12 – XII ZB 417/11
I. Der Fall
Betreuer tut nach dem Erbfall nichts mehr
Weil der Betreuer des Erblassers zu Lebzeiten und potentielle Erbe nach dem Ableben des Erblassers weder eine Schlussrechnung als Betreuer noch einen Nachweis über seine Erbenstellung vorlegte, kündigte der Rechtspfleger ein Zwangsgeld von 800 EUR an. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betreuers. Das LG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, zugleich aber die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II. Die Entscheidung
Keine Rechtsbeschwerde bei unanfechtbaren Beschlüssen
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Nach § 70 Abs. 2 S. 2 FamFG ist der BGH an die Zulassung gebunden. Etwas anderes gilt für Entscheidungen, die von Gesetzes wegen nicht anfechtbar sind. Entsprechend der Regelung in §§ 574 ff. ZPO, an welcher das Rechtsbeschwerderecht des FamFG orientiert worden ist (vgl. BT-Drucks 16/6308 S. 209), eröffnet die Zulassung keine Rechtsbeschwerde gegen eine unanfechtbare Entscheidung des Beschwerdegerichts. Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht statthaft war (BGH FamRZ 2004, 1191; BGH NJW-RR 2005, 214 m.w.N.).
Weder Hinweise noch Androhungen sind anfechtbar
Nach § 58 Abs. 1 FamFG findet die Beschwerde, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen statt. Neben- und Zwischenentscheidungen sind von der Anfechtung ausgenommen. Deren Anfechtbarkeit bedarf vielmehr der besonderen gesetzlichen Anordnung (BT-Drucks 16/6308, S. 203; Musielak/Borth, FamFG, 3. Aufl., § 58 Rn 2), an der es hier fehlt.
Hinweis fehlt schon die Entscheidungsqualität
Der im ersten angefochtenen Schreiben des Rechtspflegers enthaltene Hinweis, dass bei Nichterfüllung der Auflagen ein Zwangsverfahren eingeleitet werden müsse, stellt keine Entscheidung dar, sondern ist – unabhängig von den inhaltlichen Anforderungen – als Hinweis auf die mit der Nichterfüllung verbundenen Folgen anzusehen, welcher gemäß § 35 Abs. 2 FamFG gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. MüKoZPO/Ulrici, 3. Aufl., § 35 FamFG Rn 10).
Androhung ist nicht abschließend
Auch die im weiteren Schreiben ausgesprochene Androhung kann ungeachtet des Umstands, dass eine solche vom Gesetz nicht mehr vorgesehen ist, jedenfalls keine über eine Zwischenentscheidung hinausgehende Wirkung entfalten. Eine Anfechtung durch den Adressaten der gerichtlichen Anordnung eröffnet das Gesetz in § 35 Abs. 5 FamFG nur gegen die Anordnung des Zwangsmittels. Die von der Rechtsbeschwerde für ihre gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des OLG München (NJW-RR 2010, 1603) betrifft mit § 71 GBO das Beschwerdeverfahren nach der Grundbuchordnung, welches im Gegensatz zum Beschwerderecht nach §§ 19 ff. FGG (jetzt §§ 58 ff. FamFG) durch das FGG-Reformgesetz nicht geändert worden ist.
III. Der Praxistipp
Die Beteiligten waren etwas schnell …
Hier war der Betreuer und potentielle Erbe etwas zu schnell. Es wäre ihm zuzumuten gewesen darzustellen, woran die Vorlage der Schlussabrechnung oder des Erbscheins rein tatsächlich scheitert oder warum er aus Rechtsgründen meint, zu deren Vorlage nicht verpflichtet zu sein. Dann war die Schlussentscheidung abzuwarten. Gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes wäre dann die Beschwerde statthaft gewesen.
… trotzdem müssen sie gehört werden
Die mangelnde Anfechtbarkeit einer Entscheidung bedeutet nicht, dass der Vortrag der Partei nicht zur Kenntnis zu nehmen ist. Die Darlegungen des ehemaligen Betreuers und potentiellen Erben waren bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Im Zweifel ist eine "Beschwerde" gegen eine unanfechtbare Handlung des Gerichtes oder eine Zwischenentscheidung als Gegenvorstellung aufzufassen und als solche zu bescheiden.