BGH folgt den Vorinstanzen
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG) und Erstattung von Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) nicht zu. Die beanstandeten Schreiben stellen keine wettbewerbswidrige aggressive geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1 UWG a.F. und § 3 Abs. 1, § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG dar.
Altes wie neues Recht muss betrachtet werden
Da die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2018, 324 Rn 11 = WRP 2018, 324 – Kraftfahrzeugwerbung). Nach dem beanstandeten Verhalten der Beklagten im Frühjahr 2015 und vor der Entscheidung in der Revisionsinstanz am 22.3.2018 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab dem 10.12.2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl I 2015, S. 2158) novelliert worden. Dadurch ist der in § 4 Nr. 1 UWG a.F. geregelte Tatbestand der unlauteren Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers und des sonstigen Marktteilnehmers in die neu geschaffene Bestimmung des § 4a UWG überführt und entsprechend den Regelungen über aggressive Geschäftspraktiken gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken neu gefasst worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats war bereits § 4 Nr. 1 UWG a.F. unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG a.F. nur dann vorliegt, wenn der Handelnde diese Freiheit gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/EG durch Belästigung, Nötigung oder unzulässige Beeinflussung im Sinne des Art. 2 Buchst. j der Richtlinie 2005/29/EG erheblich beeinträchtigt (vgl. BGH GRUR 2015, 1134 Rn 31 = WRP 2015, 1341 – Schufa-Hinweis; BGH GRUR 2016, 831 Rn 24 = WRP 2016, 866 – Lebens-Kost; BGH GRUR 2017, 199 Rn 32 = WRP 2017, 169 – Förderverein).
Werden Verbraucherentscheidungen unzulässig beeinflusst?
Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine aggressive geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers durch unzulässige Beeinflussung erheblich zu beeinträchtigen. Eine unzulässige Beeinflussung liegt nach § 4a Abs. 1 Satz 3 UWG vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt. Für § 4 Nr. 1 UWG a.F. gilt bei richtlinienkonformer Auslegung nichts anderes.
Der BGH sagt: nein!
Das OLG hat zu Recht in dem Inhalt der ersten Zahlungsaufforderung keine unzulässige Beeinflussung des angesprochenen Verbrauchers gesehen.
Das OLG ist davon ausgegangen, dass die Beklagte als Inkassounternehmen gegenüber Verbrauchern eine Machtposition innehat, die es ihr ermöglicht, auf einen Schuldner Druck auszuüben. Es hat weiter angenommen, das Schreiben der Beklagten übe wegen der darin enthaltenen Drohung mit gerichtlichen Schritten und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tatsächlich auch Druck aus. Diese Beurteilung des OLG lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Danach nutzt die Beklagte als Unternehmerin eine Machtposition gegenüber Verbrauchern zur Ausübung von Druck aus.
Der ausgeübte Druck ist nicht unzulässig
Das OLG hat zu Recht angenommen, das Schreiben der Beklagten vom 23.4.2015 beeinflusse die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers nicht in unzulässiger Weise.
Eine unzulässige Beeinflussung liegt vor, wenn die Machtposition gegenüber Verbrauchern in einer Weise zur Ausübung von Druck ausgenutzt wird, die die Fähigkeit der Verbraucher zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die beanstandete geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Entscheidung der angesprochenen Verbraucher vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (BGH GRUR 2015, 1134 Rn 14 – Schufa-Hinweis). Nach § 4a Abs. 2 S. 1 Nr. 5 UWG ist bei der Feststellung, ob eine geschäftliche Handlung aggressiv im Sinne des § 4a Abs. 1 S. 2 UWG ist, auf Drohungen mit rechtlich unzulässigen Handlungen abzustellen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss allerdings nicht, dass die Dr...