21. Selbstbehalt
21.1 Grundsatz
Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB; BGH FamRZ 2006, 683) Selbstbehalt.
21.2 Notwendiger Selbstbehalt
Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der Inanspruchnahme. Er beträgt 1.080 EUR. Davon entfallen 380 EUR auf den Wohnbedarf (290 EUR Kaltmiete, 90 EUR Nebenkosten und Heizung).
Für nicht Erwerbstätige beträgt er 880 EUR; bei Anhaltspunkten für unterhaltsrechtlich bedeutsame zusätzliche Kosten kann der Selbstbehalt angemessen erhöht werden. Bei geringfügiger Erwerbstätigkeit wird wegen des notwendigen Selbstbehalts auf BGH FamRZ 2008, 594 ff., 597, Tz. 29, verwiesen.
Verursacht der Umgang des Unterhaltspflichtigen mit den minderjährigen Kindern besondere Kosten, die er nur unter Gefährdung seines Selbstbehalts aufbringen könnte, kommt eine maßvolle Erhöhung in Betracht.
21.3 Angemessener Selbstbehalt
21.3.1 gegenüber volljährigen Kindern
Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern 1.300 EUR. Davon entfallen 480 EUR auf den Wohnbedarf (370 EUR Kaltmiete, 110 EUR Nebenkosten und Heizung).
Gegenüber volljährigen Kindern, die ihre bereits einmal erreichte wirtschaftliche Selbständigkeit wieder verloren haben, gilt Nr. 21.3.3. und ggf. Nr. 22.3.
21.3.2 bei Ansprüchen aus § 1615 l BGB
Gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615 l BGB entspricht der Selbstbehalt dem eheangemessenen Selbstbehalt (Nr. 21.4).
21.3.3 beim Elternunterhalt
Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 1.800 EUR, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. In diesem Mindestbetrag sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 480 EUR (370 EUR Kaltmiete, 110 EUR Nebenkosten und Heizung) enthalten.
21.3.4. von Großeltern gegenüber Enkeln (und umgekehrt)
Dies gilt entsprechend für sonstige Unterhaltsansprüche von Verwandten der auf- und absteigenden Linie (Großeltern/Enkel, vgl. BGH FamRZ 2006, 26, 28, FamRZ 2007, 375 f.).
21.4 Mindestselbstbehalt gegenüber Ehegatten
Der Mindestselbstbehalt gegenüber getrennt lebenden und geschiedenen Unterhaltsberechtigten ist bei Erwerbstätigen in der Regel mit 1.200 EUR zu bemessen, bei nicht Erwerbstätigen mit regelmäßig 1.090 EUR (Mittelbetrag zwischen unterschiedlichem notwendigem und dem angemessenen Selbstbehalt), davon 430 EUR für den Wohnbedarf (330 EUR Kaltmiete, 100 EUR Nebenkosten und Heizung).
Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist ein Erwerbstätigkeitsbonus nicht zu berücksichtigen.
21.5 Anpassung des Selbstbehalts
21.5.1. Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist.
21.5.2. Der Selbstbehalt soll erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) den ausgewiesenen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind.
21.5.3. Eine Herabsetzung des Selbstbehalts mit Rücksicht auf geringere Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen kommt nicht in Betracht, BGH FamRZ 2006, 1664, 1666.
Lebt der Unterhaltspflichtige mit einem leistungsfähigen Partner in Haushaltsgemeinschaft, kommt eine Haushaltsersparnis in Betracht, in der Regel 10 % des jeweils maßgeblichen Selbstbehalts. Untergrenze ist der Sozialhilfesatz (vgl. BGH FamRZ 2008, 594 ff.).
22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammen lebenden Ehegatten
22.1 Mindestbedarf bei Ansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten
Ist bei Unterhaltsansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten der Unterhaltspflichtige wieder verheiratet, beträgt der Bedarf für den mit ihm zusammen lebenden Ehegatten mindestens 880 EUR. Vgl. zur Bedarfsberechnung im Übrigen BGH FamRZ 2012, 281, Tz. 45, 48.
22.2 Mindestbedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder und aus § 1615 l BGB
Ist bei Unterhaltsansprüchen nicht privilegierter volljähriger Kinder der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammen lebenden Ehegatten mindestens 880 EUR angesetzt.
22.3. Mindestbedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln
Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammen lebenden Ehegatten mindestens 1.440 EUR angesetzt. Im Familienbedarf von 3.240 EUR (1.800 EUR + 1.440 EUR) sind Kosten für Unterkunft und Heizung von 860 EUR (660 EUR kalt + 200 EUR Nebenkosten und Heizung) enthalten. Dies gilt auch für Unterhaltsansprüche von und gegen Großeltern und Enkel(n).
23. Bedarf des vom Pflichtigen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten
Bei Ansprüchen wie in Nr. 22: bleibt unbesetzt.
24. Mangelfall
24.1. Grundsatz
Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines jeweils maßgeblichen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreich...