Rz. 113

Nach dem Tod des Erblassers können testamentarische Verfügungen auf Verlangen gesetzlicher Erben gerichtlich widerrufen[90] werden, wenn ein Vermächtnisnehmer Auflagen[91] (charges) nicht erfüllt (Art. 1046, 954 C.C.). Die Klage muss nach Art. 2224 C.C. innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem die Nichterfüllung feststeht, erhoben werden.[92] Klagebefugt sind gesetzliche Erben und Universalvermächtnisnehmer. Ein gerichtlicher Widerruf ist auch möglich, wenn der Bedachte einen Anschlag auf das Leben des Erblasser verübt hat (Art. 1046, 955 Nr. 1 C.C.) oder sich einer schweren Verfehlung gegenüber dem Erblasser (Art. 1046, 955 Nr. 2 C.C.) oder gegenüber dessen Andenken (Art. 1047 C.C.) schuldig gemacht hat. Klagebefugt sind gesetzliche Erben und Universalvermächtnisnehmer. Bei einem Widerruf, der auf eine Verfehlung gegenüber dem Andenken des Erblassers gestützt ist, beträgt die Klagefrist ein Jahr ab Begehung der Verfehlung. In den übrigen Fällen kann ein Widerruf gem. Art. 957 Abs. 1 C.C. nur innerhalb eines Jahres ab Kenntnis von dem Vergehen bzw. einer Möglichkeit der Kenntnisnahme erfolgen und gem. Art. 957 Abs. 2 C.C. nur, wenn der Erblasser innerhalb eines Jahres nach der Verfehlung verstorben ist. Hatte bereits der Erblasser, für den wegen der für ihn bestehenden freien Widerrufsmöglichkeit des Testaments Art. 1046 C.C. keine Bedeutung hat, zu seinen Lebzeiten die erforderliche Kenntnis oder die Möglichkeit der Kenntnisnahme, so geht ein Fristablauf bzw. die bis zum Tod bereits verstrichene Frist auch zu Lasten der nach seinem Tod zum Widerruf Berechtigten.[93]

[90] Zur Veröffentlichung des Widerrufs beim service chargé de la publicité foncière vgl. Art. 28 Nr. 4 lit. c), Art. 30 Nr. 5 des Dekrets Nr. 55–22 vom 4.1.1955.
[91] Art. 953 ff. C.C. sprechen zwar von conditions, gemeint sind jedoch charges, vgl. Terré/Lequette/Gaudemet, Successions, Libéralités, Rn 590. Der Code Civil trennt nicht genau zwischen auflösenden Bedingungen (conditions résolutoires), deren Nichterfüllung bzw. Nichteintritt gem. Art. 1304 Abs. 3 C.C. die Verfügung automatisch unwirksam werden lässt, und Auflagen (charges), deren Nichterfüllung zur Möglichkeit eines gerichtlichen Widerrufs führt. Sowohl charges als auch conditions sind in den Art. 900 ff. C.C. geregelt. Zur Abgrenzung im Einzelnen siehe Terré/Lequette/Gaudemet, Successions, Libéralités, Rn 352.
[92] Terré/Lequette/Gaudemet, Successions, Libéralités, Rn 489, S. 526 Fn 5, dort auch zur Feststellung der Nichterfüllung.
[93] Terré/Lequette/Gaudemet, Successions, Libéralités, Rn 490.

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