Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Die Freistellung kann auf einer einvernehmlichen Vereinbarung eines Freistellungsrechts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruhen, sei es bezahlt oder unbezahlt. In der Praxis weit verbreitet sind arbeitsvertraglich vereinbarte Freistellungsklauseln für den Fall der Kündigung, typischerweise erfolgt die Freistellung unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche.
Fraglich ist, inwieweit Freistellungsklauseln dieser Art einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten. Jedenfalls in Arbeitsverhältnissen mit höher qualifizierten und dotierten Mitarbeitern in herausgehobener Position ist ein Freistellungsrecht des Arbeitgebers aufgrund seiner überwiegenden betrieblichen Interessen nicht unangemessen. Die Freistellungsklausel sollte allerdings nicht nur allgemein gefasst sein, sondern konkrete betriebliche Gründe für die Freistellung beinhalten. Zudem unterliegt die konkrete Freistellungsentscheidung des Arbeitgebers einer Ermessenskontrolle hinsichtlich der Umstände des Einzelfalls. Dabei sind aufseiten des Arbeitnehmers der allgemeine Beschäftigungsanspruch sowie eine evtl. offensichtliche Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung zu berücksichtigen.
Von diesen bereits anfänglich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Freistellungsvereinbarungen sind die nach Ausspruch einer Kündigung als Vergleich abgeschlossenen Vereinbarungen, die eine Freistellung – regelmäßig unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche bzw. Fortzahlung des Gehalts – vorsehen.
Die Arbeitsvertragsparteien können während eines laufenden Verfahrens zur Freistellung des Arbeitnehmers zwecks Bildungsurlaub eine Vereinbarung treffen, wonach der Arbeitnehmer an der streitigen Bildungsmaßnahme teilnimmt und über die Qualität der Bildungsveranstaltung nachträglich gestritten wird. Daneben regeln auch Tarifverträge Freistellungsansprüche. Den Tarifvertragsparteien steht dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Beispiele sind tarifvertragliche Pflegezeiten, Freistellung statt Sonderzahlungen, Freistellungen anlässlich der Eheschließung oder sonstiger familiärer Anlässe (Geburt, Todesfall) oder als Ausgleich für besondere Belastungen bei der Erbringung der Arbeitsleistung.
Einer einvernehmlichen Freistellungsvereinbarung bedarf es auch für ein "Sabbatical" als der längeren Freistellung des Arbeitnehmers. Dabei sind unterschiedliche Ausgestaltungen denkbar, die im konkreten Fall einzelvertraglich festgelegt werden müssen. Kerninhalte sind die unbezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht für einen längeren Zeitraum bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses im Übrigen. Dabei können Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme und inhaltliche Ausgestaltung durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geschaffen werden.
Einen darüber hinausgehenden allgemeinen vertraglichen Anspruch des Arbeitnehmers auf (zumindest unbezahlte) Freistellung ohne vertragliche Regelung gibt es nicht. Ein solcher Anspruch auf Freistellung kann sich für den Arbeitnehmer aber im Ausnahmefall aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben. Dabei sind die durch die Freistellung drohenden betrieblichen Beeinträchtigungen gegenüber den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen. Anerkannt ist dies z. B. bei ausländischen Arbeitnehmern für die Ableistung eines Wehrdienstes im Heimatland, in Betracht kommen können auch private Gründe.
Auf dieser Grundlage wäre auch ein Anspruch auf Freistellung während der Menstruation denkbar. Da bislang eine gesetzliche Regelung dazu nicht existiert, kommen in der Bundesrepublik nur entsprechende Ansprüche auf Grundlage des Arbeitsvertrags oder kollektivvertraglicher Regelungen in Betracht.
Schließlich kommen Freistellungsansprüche aus betrieblicher Übung oder dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht. Beide Ansprüche hängen vom jeweiligen Einzelfall im Unternehmen ab und greifen nur in Ausnahmefällen. Anerkannt ist eine Freistellung aufgrund betrieblicher Übung an bestimmten (oftmals regionalen) Feier- oder Festtagen. Ähnliches gilt für betriebliche Anlässe (Dienstjubiläum, Betriebsfeiern, runde Geburtstage etc.).
Eine vereinbarte Freistellung kann grundsätzlich nicht einseitig vorzeitig beendet werden – es gilt der Grundsatz der Vertragstreue ("pacta sunt servanda"). Eine Ausnahme aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht ist nur begründet, wenn dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers zumutbar ist und der Grund für die Freistellung entfallen oder nachteilige Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers eingetreten sind. So kann der Arbeitgeber nach § 242 BGB verpflichtet sein, der vorzeitigen Beendigung einer vor Beginn einer Schwangerschaft abgeschlossenen Sonderurlaubsvereinbarung zuzustimmen, wenn stattdessen Erziehungsurlaub begehrt wird.
Rechtsfolge der Freistellung ist der Verzicht des Arbeitgebers auf das Angebot und die Erbringung der Arbeitsleistung. Damit verwirklicht der Arbeitgeber zuglei...