Leitsatz
Ein angestellter Geschäftsführer, der keine Anteile an der GmbH hält, ist im Falle der Insolvenz der Gesellschaft – anders, als ein Vorstand einer AG –wie ein "normaler"Arbeitnehmer zu behandeln.
Sachverhalt
Der Kläger war von April 1991 bis zu seiner Abberufung im Mai 1996 Geschäftsführer, aber kein Gesellschafter der G GmbH.
Im Juli 1993 schloss die GmbH mit dem Kläger einen "Geschäftsführervertrag", nach dem der Geschäftsführer "ein monatliches Gehalt nach dem gültigen Tarifvertrag Gruppe VI des Arbeitgeberverbandes der Wohnungswirtschaft" erhalten sollte. Ende Mai 1996 kündigte die Gesellschaft den Vertrag fristlos und stellte die Gehaltszahlungen ein. Am 1.4.1997 wurde über das Vermögen der GmbH die Gesamtvollstreckung eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt. Er schloss mit dem Kläger einen gerichtlichen Vergleich, nach dem der Anstellungsvertrag einverständlich zum 31.3.1997 aufgehoben wurde.
Für die Monate Januar bis März 1997 erhielt der Kläger Konkursausfallgeld.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger den Beklagten für die Monate Oktober bis Dezember 1996 auf Zahlung seines letzten monatlichen Bruttogehalts in Höhe von je 6340 DM nebst Zinsen sowie Erteilung einer geänderten Lohnbescheinigung in Anspruch genommen. Für den vorausgegangenen Zeitraum von Juni bis September 1996 hat er die Anerkennung der nicht gezahlten Gehälter zur Tabelle als vorrangige Forderung gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 1 GesO begehrt. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hatte keinen Erfolg. Entscheidend war für den BGH die Frage, ob der Kläger trotz seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft als Arbeitnehmer anzusehen ist, der in der Gesellschaft beschäftigt war. Die Frage, ob der Geschäftsführer einer GmbH ohne Kapitalbeteiligung insolvenzrechtlich als Arbeitnehmer behandelt werden kann, hatte der BGH bislang noch nicht entschieden. Sie ist nach Auffassung des Senats aber zu bejahen. Dies entspricht dem bislang auch imgesellschafts- und insolvenzrechtlichen Schrifttumvertretenen Standpunkt. Auch das BSG ist dieser Auffassung gefolgt, wobei es diese Frage anhand des Einflusses des Betroffenen auf die Geschicke der Gesellschaft beurteilt hat. Eine erhebliche Kapitalbeteiligung wird dabei stets als Indiz für die Selbständigkeit des gesetzlichen Vertreters herangezogen.
Zwar hat das BSG dem Vorstand einer AG den Anspruch auf Konkursausfallgeld versagt, weil er kein Arbeitnehmer nach § 141a AFG sei. Die dort entwickelten Abgrenzungsmerkmale wie das Direktionsrecht und die Weisungsfreiheit finden auf GmbH-Geschäftsführer aber keine Anwendung. Der Geschäftsführer einer GmbH befindet sich typischerweise in einer Doppelrolle. Es hängt maßgeblich von dem Umfang seiner Beteiligung an dem Unternehmen, der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages sowie dem Inhalt des Anstellungsvertrages ab, ob seine Rolle als "Chef" oder als arbeitnehmerähnliche Person im Vordergrund steht. Die Rechtsstellung des Geschäftsführers einer GmbH unterscheidet sich grundsätzlich von der des Vorstands einer AG, der als Verfassungsorgan der Gesellschaft diese unter eigener Verantwortung zu leiten hat. Dem Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds kommt im Hinblick auf die umfassende Regelung der Bestellung und Abberufung des Vorstands in § 84 AktG keine eigenständige Bedeutung zu. Vor allem durch diese Vorschrift ist die Organstellung des Vorstandsmitglieds einer AG nicht arbeitnehmer-, sondern arbeitgeberähnlich ausgestaltet. Entsprechendes gilt für die Bezüge der Vorstandsmitglieder, die nicht nach arbeitsrechtlichen, sondern nach besonderen aktienrechtlichen Grundsätzen bestimmt werden. Zudem schränken auch die Vorschriften über die Stellung des Aufsichtsrates im Verhältnis zum Vorstand die Arbeitgeberfunktion der Vorstandsmitglieder nicht ein. Dagegen erlaubt § 45 Abs. 1 GmbHG einen direkten Einfluss der Gesellschafter auf die Geschäftsführung.
Das Berufungsgericht hatte angenommen, dass der Kläger sich trotz seiner Stellung als Geschäftsführer in persönlicher Abhängigkeit von der Gesellschaft befunden hat. Es hatte hierzu die Gestaltungen des Arbeitsvertrags untersucht. Für die arbeitnehmerähnliche Abhängigkeit des Klägers von der Gesellschaft indiziell waren z.B. die Weisungsgebundenheit bei Grundstücksund Kreditgeschäften sowie in Personalangelegenheiten, die Verpflichtung des Geschäftsführers, seine ganze Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, sowie die Vergütungs- und die Urlaubsregelung, die auf Tarifverträge Bezug genommen hatten. Schließlich hatte das Berufungsgericht die Höhe des Bruttoeinkommens, das sich im Bereich des Gehalts leitender Angestellter bewegte, sowie die Erstattungsregelung der Reisekosten nach "lohnsteuerlichen Sätzen" gewürdigt. Dem trat der BGH bei.
Praxishinweis
Als Grundsatz lässt sich der BGH-Entscheidung entnehmen, dass Fremdgeschä...